Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 1·2/2025 vom 8. Jänner 2025
Liebe Frau Andrea,
wir alle kannten Hermes Phettberg.
Aber wer war er?
Traurige Grüße von uns Allen
Liebe Alle,
Hermes Phettberg war ein Heiliger. Geboren und aufgewachsen als Josef Fenz benannte er sich insgesamt Manfred Strill, Manfred Ollarieth, Ignaz Paier, Georg oder Manfred Heilinger, Fritz-Geza Brachmann, Grit Fellner, Die Sau schlecht hin, Pepileben Pferdepflock, Oskar La Tourtour, Stockfried Biserl, Uli Walch, Franz Rand und nachhaltig und bekanntermaßen Hermes Phettberg.
Was ist ein Heiliger? Die katholische Lehre hat darüber Erschöpfendes gesagt und verwaltet den Typus nahezu exklusiv. Hermes aber war ein Heiliger der Aufklärung, er hatte sich selbst das Licht gegeben, war aus eigener Kraft aus Platons Höhle der Schatten getreten. Darum musste, ja konnte Hermes keine bürgerliche Bildungskarriere befahren. Hermes war von größerer Erkenntnis erfasst als sämtliche Lehrys, denen er begegnete. Professorys hätten ihm lauschen müssen. Und waren sie seiner Weisheit gewahr, taten sie das auch. Hermes war stets ein Fragender, ein Liebender, ein zärtlich Erfassender, seine Antworten öffneten Türen, die man vorher nicht gekannt hatte, an seiner Hand durfte man die dahinterliegenden Räume betreten. Vielfach wurde Hermes vorgeworfen, sich öffentlich, ja medial in derber Körperlichkeit zu ergehen. Dabei übersah man, dass Hermes seinen Körper nur bewohnte, mit ihm anders umging, als die Geistlosen. Seine Sexualität, sieht man vom Initialereignis mit dem Rauchfangkehrer ab, war geistiger, nicht körperlicher Natur. Das konnten nicht alle verstehen. Das Klerikale indes war Hermes ein Steg, dessen dünne Planken er mit jedem Schritt neu auflegte und nach Beschreiten sogleich in den Abgrund stieß. Wer Hermes persönlich kannte, dem offenbarte er weltsprengende Einsicht. Nichts an ihm war bäuerlich, alles fürstlich, er war, wie manche Aristokraten und alle Künstler, ohne Angst.
Hermes war größer als Wien, größer als Österreich, er war einer der Großen des Erdkreises. Jetzt hat sein Körper diese Landschaft verlassen. Nicht aber sein Geist. Heiliger Hermes, Du wohnst in meinem Herzen. Danke, dass ich Dich kennen durfte.
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