In Österreich wird viel gegangen. Von der Haustüre zum Carport, vom Parkplatz zum Einkaufszentrum, dort dann noch mehr, auf der Suche nach Beratung. Diese geht ebenfalls viel, ja läuft nicht selten, immer auf der Flucht vor lästigen Fragenden. Auch am Amt wird viel gegangen, vor allem in die Irre. Eine täglich gelebte Floskel lautet „Wie geht’s?“. „Gut“ ist die trügerische Antwort, oder besser: „Es geht.“ Vor den Zeiten von MeToo und woken Korrektiven hieß es unter Stammtischsitzern gerne „a bissl was geht immer“.
Wie im Kleinen, so auch im Großen, liegt uns doch das Wandern im Blut. So lange wir kraxeln können, heißt es rauf auf den Berg, rein in die Hütte, runter vom Berg. Bundesheerabsolvent·innen erinnern sich gerne an den Gfechtler, die Gefechtsübung, und das grundwehrdienstliche Geherlebnis des Zigkilometermarsches, der Dislokation mit schwerem und schwerstem Gepäck. Das Schuhwerk für diese Körpererfahrung ist allen Ableistern als „Heeresfeldschuh leicht“ vulgo „Anserbock“ in Erinnerung. Glücklich schätzen sich jene, denen bei der Bekleidungsausgabe ein abgetragenes, weil gut eingegangenes Paar der eleganten Schnürstiefel zugeteilt wurde. Der Preis für die Eleganz eines ungetragenen Paars: Blutblasen und offene Füße, und die Lebenserfahrung vom Marschieren im Schmerz. Das Abenteuer des kilometerlangen Gehens mit Schwerstgepäck bestreitet die österreichische Frau, alleinstehend oder in der Familie, beim Wocheneinkauf mit Kleinkind.
Das Gehen ist den Österreicher·innen eingeschrieben. Der letzte Gang wird übrigens liegend absolviert, schmerzbefreit.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten am 23. November 2024.