Eine große Freude erfüllt die Österreicher·innen, wenn sie vor dem Rätsel stehen. Nichts kann mehr verzücken, als das Ungelöste, das Unverstandene, das Missverstandene.
Auch wenn sie sitzen, die Österreicherinnen und Österreicher und die mit ihnen mitgemeinten Neurästelnden, etwa beim Ausfüllen eines Erlagsscheines, einer Steuererklärung oder sonstwelcher schriftlicher und algebraischer Aufgaben, stehen sie vor einem Rätsel. Unbegreiflich sind immer auch die Segnungen der ditalen Welt, die digitale Signatur, wie immer sie auch gerade heißt, das Passwort für hier und dort, und wie man es wählt und allenfalls abruft, und besonders rätselhaft: Die Nummern auf den Ausweisen und Plastikkarten. Ebenso mysteriös für Österreicherinnen und Österreicher, und stets sitzend erfahren, sind die Hinweise im öffentlichen Raum. Verkehrszeichen und ihre wahre Bedeutung, die Zahlen auf Geschwindigkeitsbeschränkungen. Im trauten Heim lauern nicht weniger Rästel. Die Bedienungsanleitungen der Maschinen. Herde, Waschmaschinen, Heizungen und Heimwerkerzeug sind allesamt unverstanden im Wesen, undurchsichtig in der Bedienung. Als einziger durchschaut und deswegen so beliebt: Der Griller. Den Griller können auch die Rästelagnostiker bedienen. Einschalten. Grillen. Fertig.
Das einzige Rätsel, das die Landesbewohner·innen tatsächlich gelöst haben wollen, ist die Schuldfrage. In beliebiger Reihenfolge: Die Radfahrer, die Linken, die Rechten, die Pharmaindustrie, die Politiker, die Zeitungen und die großen Rätselwichte: Wladimir Putin, Donald Trump und Elon Musk. Und der galoppierende Genderwahn. Der besonders.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten am 11. Mai 2024.