Schottern wie nur

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 41/2023 zum 11. Oktober 2023

Liebe Frau Andrea,
in meiner Kindheit und Jugend (*1954) wurde jemand, der besonders schnell laufen konnte mit dem Kompliment „nau dea kaun schodan (schottern)!“ bedacht. Frau Dr. Hornung mit ihrem Wörterbuch kann mir bei der Worterklärung da nicht weiterhelfen! Können sie es?
Im Voraus dankt
Alfred Kampel, Wien Floridsdorf, per Email

Lieber Alfred,

wir werden versuchen, etwas Licht in das Dunkel einiger Begriffe zu werfen. Eine ganze Reihe sehr ähnlich lautender Wörter in der österreichischen Umgangssprache bezeichnen das schnelle Laufen, das schnelle Fahren und jegliches Rasen, aber auch die damit verbundenen Geräusche. Wir alle kennen tschindern, tschundern, schurln, oft mit vorangestelltem „daher“ oder „umananda“ (umher). Dahertschindern also, dahertschundern, umandanaschurln.

Auch unser schoda(r)n (schottern) stellt sich in die Liste dieser lautmalerischen Zeitwörter. Bei schottern denken wir an das knirschende, eine weiße Staubwolke hinterlassende Rennen auf einer geschotterten, unaspaltierten Straße. Tschindern, Hineintschindern kann den langsamen Autounfall (und das dabei entstehende metallische Geräusch) bezeichnen, tschindern und tschundern das Gleiten auf dem Eis, gemeinhin das Klirren von Metall, aber auch die Geräusche beim Gewitter. Das Wort kommt sehr wahrscheinlich von einem slawischen čindra (tschindra; dem Ding, das rasselt, klirrt), verwandt mit čindrati (tschindrati; poltern, rumpeln). Das moderne slowenische Adjektiv čimprêjšnji (tschimperischni) bedeutet schnell (bei Erledigungen) oder rasch (bei Genesung). Ist damit unser Rätsel gelöst?

Noch nicht ganz, hat sich doch in den süddeutsch-österreichisch Dialekten in vielen Varianten ein Verb erhalten, das in der Hochsprache längst ausgestorben ist. Es würde heute schünden lauten, verwandt mit altnordisch skynda (eilen) dänisch skynde (antreiben, beschleunigen), schwedisch skynda (jemanden zur Eile antreiben, etwas beschleunigen, nacheilen, herbeieilen). Noch das Mittelhochdeutsche kannte schünden, schunden, schunten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich in schottern (schodan) und in tschundern das alte schünden, schündern versteckt.


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Ein Gedanke zu „Schottern wie nur“

  1. Eine kleine erhellende Bemerkung für die slowenische Aussprache bei dem Wort
    Čimprêjšnji – den Hacek auf dem e gibt es in Slowenien nicht, also Čimprejšnji 🤓Die Aussprache lautet: Tschimprejschni, es bedeutet übersetzt „So schnell wie möglich“.
    Ganz liebe Grüße 🌸

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