Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 36/2023 zum 6. September 2023
Liebe Comandantina,
letztens ist mir ein Begriff eingefallen, den ich aus meiner Kindheit kenne und der im Umfeld meines Opas aus dem Tullnerfeld stammt: Der „Kaps“. Soweit ich es als Kind verstanden habe, ist ein Kaps ein Anhänger für ein Fahrrad, mit Metallgestell und hölzerner Ladefläche in Form einer großen Kiste. Mit dem Kaps kann allerhand transportiert werden, aber woher stammt sein Name?
Ganz herzliche Grüße,
Ruth Hauser aus Ottakring, per Email
Liebe Ruth,
der Name Kaps für einen zweirädrigen Fahrrad-, Moped- oder kleineren Autoanhänger ist weit verbreitet. Man wird vergeblich nach einem Markennamen oder einer Erzeugerfirma dieses Namens suchen. Älteren Teilnehmer·innen an der Insultkutur des alten Wien wird der Sager „Fluachn wiara Kapskutscha“ (Fluchen wie ein Kapskutscher) geläufig sein. Der Kaps braucht also einen Kutscher. Im unmotorisierten Wien der Gründerzeit waren das die Fahrer zweirädriger, einachsiger offener Schwerlastkarren für Bauarbeiten, wie sie beim Bau der Ringstraße, bei der Donauregulierung und im Eisenbahnbau zum Einsatz kamen. Die Kutscher dieser wendigen, von Schindmähren gezogenen Fuhrwerke waren für ihre unflätigen Verkehrskommentare bekannt. Die alternative Schreibweise dieser Karren – „Cabswagen“ gibt uns den entscheidenden Hinweis auf die Herkunft des Namens.
1834 hatte sich der englische Architekt und Erfinder Joseph A. Hansom (1803–1882) den Typus einer zweisitzigen, einachsigen, nach vorne offenen Kutsche patentieren lassen, bei der der Kutscher erhöht hinter dem Verdeck saß. Der Name Cab, eine Verkürzung von Cabriolet (aus dem französischen cabriole, Kapriole, soviel wie Luftsprung) spielte auf die Leichtgängigkeit des Modells an. Die wendigen „Hansom Cabs“ mit ihren riesigen Rädern waren schnell der sprichwörtliche Renner in den Großstädten der westlichen Welt, wo sie als Vorläufer der Taxis eingesetzt wurden, weshalb es kaum wundert, dass der Name in den Großstädten der US of A zum Synonym für Taxi wurde.
Das radfahrende Tullnerfeld Ihres Großvaters ist also garnicht so weit weg vom gelben Taximeer New Yorks.
comandantina.com
dusl@falter.at
@Comandantina@mastodon.social
https://post.news/@/comandantina
Newsletter abonnieren:
https://tinyletter.com/Comandantina