Gib mir Tiernamen

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 35/2023 zum 30. August 2023

Liebe Frau Andrea,
wie kommt es eigentlich, dass verhältnismäßig viele Menschen „Fuchs“, „Wolf“, „Vogel“ oder „Bär“ mit Nachnamen heißen, schon deutlich weniger „Kuh“, „Gans“, „Krebs“, „Rabe“ oder „Pelikan“, aber kaum jemand „Hund“, „Schwein“, „Ratte“ oder „Hamster“. Woran mag das liegen? An einer gewissen Rang- oder Hackordnung oder sonstigen Hierarchien? Und in weiterer Folge sinnierte ich darüber, wie es wohl zur Namensgebung des „Falter“ kam.
Danke im Voraus für Ihre diesbezüglichen Überlegungen, Erklärungen oder Recherchen,
und freundliche Grüße,
Marion Minarik, Tuchlaubenviertel, per Email

Liebe Marion,

die Erforschung der Familiennamen mit tierischem Bezug ist ein Feld von großer Ausdehnung, wir können es hier nur exemplarisch betreten. Viele Tiernamen, die sich in Familiennamen manifestiert haben, sind in Vergessenheit geraten oder haben nur regionale Bedeutung. Andere vermeintliche Tiernamen sind nur Verschleifungen ähnlich lautender Familiennamen. Manche Namen lassen sich mit Hilfe genealogischer Forschung klären, andere bleiben rätselhaft. Und nicht alle Tiernamen, die zu Familiennamen wurden, sind Spottnamen –  Übernamen, die auf metaphorischen Vergleichen basieren wie Maus, Ratz, Lurch, Wurm, Fliege. Der Familienname Wolf kann die Wildheit dieses Tieres bezeichnen, aber auch nur die Kurzform des Rufnamens Wolfgang sein. Der Name Fuchs kann sich auf einen rothaarigen Erstnamensträger beziehen, oder schlicht eine berufliche Beziehung abbilden und einen Fellhändler oder Kürschner bezeichnen. Nutztiernamen wie Geiß, Gans, Schaf, Kalb, Ochs können Berufsübernamen zu Haltern oder Hirten sein, zu Metzgern oder Händlern. Und schließlich ist in urbanem Kontext an Hausnamen zu denken: Adler, Storch, Strauß, Hahn. Jüdische Tiernamen haben symbolischen Tora-Bezug. Löw steht für den Stamm Juda, Wolf für Benjamin, Hirsch für Naftali, Bär für Issachar, Katz für die Priesterfamilie der Cohanim.

Der Falter heißt so, weil die ersten Exemplare zum Lesen entfaltet und gedreht werden mussten. Genaugenommen müsste die Stadtzeitung also „Entfalter“ heißen.

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