Sommerstatistik

„Bein geschabt ist halb gewonnen“, hieß es eine zeitlang in satirischen Kreisen. „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, war der polemische Vorgänger dieser Erkenntnis. Von Winston Churchill über Stalin bis Konfuzius wurde das Bonmot schon dutzenden von Sprichwortautoren zugeschrieben. Für den Nachhall im Alltag sorgen indes Kolumnistik und Kalenderspruchindustrie.

Das Konstruieren von Messergebnissen ist nicht nur gängige Methode im politischen Geschäft, sie ist auch üble Praxis unredlich arbeitender Wissenschaft. Mit dem Effekt, dass niemand irgendetwas traut, das in Diagrammform präsentiert wird. Das ist bei genauerer Betrachtung auch garnicht notwendig. Genügt den Urhebern doch alleine der Anschein, irgendwer könne das Präsentierte glauben. Der Kurve, der Torte, den Säulen.

Im Niemandsland zwischen den Unschärfen hat sich eine Berufsgruppe gemütlich eingerichtet: Die Erklärbären. Unternehmensberater, Strategieentwickler, Prozessoptimierer, Finanzanalysten, Medienplaner, Kommunikationsstrategen, Trendscouts aller Art, und als Königsdiziplin: Die Politikberater. Hinter den Kulissen erklären sie den Bestellern von Statistiken und Umfragen, wie diese zu lesen seien, vor den Kulissen legen sie dar, was das Publikum insgeheim erhofft, oder im publizistischen Idealfall: befürchtet.

Einserfrage jeden Politikerrankings ist die Frage: „Würden sie von diesem Politiker einen Gebrauchtwagen kaufen?“ Die Frage müsste vielmehr lauten: „Würden sie diesem Statistiker eine Politik abkaufen?“

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 26. August 2023.

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