Jetzt wirklich: Liebe und der Kieberer

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 32/2023 zum 9. August 2023

Vor zwei Wochen hatten wir hier eine Frage von Franz Josef Lindner erörtert. Der Leser hatte sich an ein Lied aus seiner Jugend erinnert, das zum Inhalt hätte, daß ein „Kibara am hölliachtn Tog kummt“. Frau Andrea schlug in mangelhafter Kenntnis des Austro-Pop-Gesamtgeschehens Arik Brauers legendäres „Sie hab’n a Haus ‚baut“ aus dem Jahre 1971 für das gesuchte Lied vor.

Ein Irrtum, der nicht ohne Echo blieb. Drei Zeitzeugen meldeten sich mit Hinweisen und Richtigstellungen. Alexander Wandruszka erinnerte sich an die Original-Single, Thomas Skrivanek vermeinte, das Lied bei einem Open-Air-Konzert im Gänsehäufel Mitte der 1970erjahre gehört zu haben, und Peter Franz Rauscher hatte gar die Ehre, mit dem Original-Interpreten in den 70er Jahren ein Konzert zu spielen.

Voila! Das ursprünglich gesuchte Lied ist „Kibara Rock“ des österreichischen Liedermachers Reinhard Liebe, 1975 als Single erschienen. Auf der B-Seite der vergriffenen und in wenigen Exemplaren zu Höchstpreisen gehandelten Scheibe tönt der Transdanubialhit “Wann du net aus Kagran warst“.

Wer aber ist Liebe? Nach Studien der Philosophie, Linguistik, Entomologie, Psychologie und Humanbiologie, hatte sich der Jung68er Reinhard Liebe der Sozialarbeit und der Psychotherapie zugewandt, um schließlich 1970 mit dem Songwriting zu beginnen. Mit freakigen Mitmusikern (Liebe an der Wander-Gitarre), beeinflusst von Bob Dylan, Donovan und Franz Josef Degenhardt gründete er 1973 die Gruppe „Der Liebe & seine Leute“. Die LP „Da singt heit ana auf da Gassn“ erschien 1976 und galt nach Veröffentlichung als Meilenstein des Neuen Wienerliedes. Der eigenwilligen Stil aus Elementen alpiner und jiddischer Volksmusik, Folkmusic und Rock erregte das Missfallen der Plattenfirma, die rigoros in Texte und Arrangements eingreifen wollte und schließlich einen Großteil der Platten einstampfen ließ. Liebe wandte sich anderem zu, leitete von 1981 bis 1990 die erste Drogenberatungsstelle Mitteleuropas.

Nach schwerem Schlaganfall und 7 Wochen Koma war Liebe 2000 halbseitig gelähmt. Nach Rehabilitation und dem Wiedererlangen der Sprache kämpfte er sich noch für einige wenige Auftritte zurück auf die Bühne. Reinhard Liebe starb 65-jährig am 10. November 2011.

Mehr von Liebe:

https://deutschepodcasts.de/podcast/kultur-viertelstunde/in-erinnerung-an-reinhard-liebe-ein-interview

(Der Song „Kibara Rock“ bei Minute 27:40)

(„Kibara Rock“ bei ca. 12′)
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