Wenn sich Österreich nicht gerade selbst mit Scham betrachtet, in der Geschichte wühlt oder im Schmutzküberl der Gegenwart, wenn es also Fremdschambedarf hat, dann schaut es nach draußen. Nach Deutschland sehr gerne, in die k. k. Nachfolgestaaten, und wenn die Goldenen Blätter klingeln, nach England, ins Mutterland der Seltsamkeiten.
Dort schickte sich vor kurzem ein Ungekrönter an, den goldenen Diensthut aufgesetzt zu bekommen. Charles Philip Arthur George Windsor aus dem Hause Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg vulgo Battenberg vulgo Mountbatten, wohnhaft Buckingham Palace, Buckingham-Palace-Road Nr. 1, London, begleitet von seiner zweiten Gattin Camilla Windsor, geborene Shand, gescheiterte Parker-Bowles.
Lange hatte der alte Herr auf diesen Moment hinarbeiten müssen, das Ableben seiner Mutter, Vorgängerin im Amt, war sowohl abzuwarten als auch zu beklagen gewesen, und nun war es soweit. Um den Bettel eines dreistelligen Millionenbetrags wurde eine Feier ausgerichtet, die von Kulissen und Hüten von Heute beschattet knietef im Gestern watete. Heimische Zeitgeistteilnehmer urteilten schonungslos: Eine Goldene Hochzeit in Oberwart hat mehr Pep. Monty Python hätten die Chose besser hingekriegt.
Das war auch den Gesichtern von King Charles III. und Queen Camilla abzulesen. Das Regentenpaar sah drein wie das Wetter draussen vor der Krönungsimmobile. Grantig und desillusioniert der eine, sediert und affektionslos die andere.
Bis zu diesem Datum konnten Märchen vom Typus Aschenputtel/Cinderella noch Karriere-Phantasien mobilisieren. Das ist seit Charles‘ Coronation wohl anders.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 3. Juni 2023.