Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 13. Mai 2023.
Die Gletscher ziehen sich zurück, das Polareis schmilzt, Pistenschnee gibt es nur mehr aus der Maschine. In den einschlägigen Zirkeln der politischen Korrektheit wird diskutiert, ob es so etwas wie eine Eiskarte überhaupt noch geben dürfe. Die Sprachpolizistinnen und Sprachpolizisten sagen: Es soll nicht beworben werden, was an sich schon nicht sein darf. Es sei Hohn für den brennenden Planeten, künstliches Eis zu erzeugen, zu preisen und zu verkaufen, wo es natürliches schon bald nicht mehr gäbe. Dass maschinelle Kühle um den Preis zusätzlicher Abwärme erzeugt werde, wisse jedes Kind, Eiskasten-Besitzer und Klima-Anlagen-Eigner sowieso. Moralisch wäre Eisproduktion gleichzusetzen mit dem Ansinnen Brunnen zu vergiften, um das Wasser darin zu reinigen.
Halt, rufen die Nostalgischen unter uns, auch das Glück sei ein Wert, kein geringer übrigens, Gelato, Eis, Gefrorenes untrennbar mit dem Sommer verbunden, und wer das Glück zerstöre, habe jede Berechtigung für mahnende Worte und erhobene Zeigefinger verloren. Was käme als nächstes dran? Bezinbrüdern die Zwölfzylinder zu verbieten? Ballermann-Urlaubern den Mallorcaflug? Grillkohlefreunden die brutzelnden Tiermuskel? Pritschlern das Warmduschen?
Ja, sagen die Planetenretter, es gäbe keine richtigen Gefühle im Falschen. Da könne man gleich das Verbrechen freigeben, Laster und Chaos von der Leine lassen, den Hausverstand gegen den Konzerverstand eintauschen.
Noch diskutieren die Untergruppen. Andere sind schon weiter. Sie können sich sommerliche Kühlung und winterliche Wärme nicht mehr leisten.