Anzahn wie ein Waglhund

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 10/2023 zum 8. März 2023

Liebe Frau Andrea,
als regelmäßiger, begeisterter Leser Ihrer Kolumne suche ich nun selbst nach einer Ihrer umfassenden Antworten. Meine Frage bezieht sich auf den „Waglhund“. Der Ausdruck ist mir geläufig, die korrekte Verwendung, sowie die Etymologie allerdings unklar. „Der zaht an wia a Waglhund“. Ich ersuche um die, wie gewohnt umfassende Aufklärung.Mit freundlichen Grüssen
Georg Presslich, per Email

Lieber Georg,

der Ausdruck ist bestes Alt-Wienerisch und wird korrekt „audsahrn wiara Waglhund“ (Anzerren wie ein Wagerlhund) ausgespochen. Damit werden Individuen bezeichnet, die schnell und leidenschaftlich arbeiten wie der starke Hund, der den kleinen Leiterwagen zieht. Wir erinnern uns an das Gegenteil, den Owedsahra (Herunterzerrer), jenen Teil des Bretter-Säger-Duos, der unter dem Sägegerüst steht und (anders als der Auffedsahra) die lange Säge nur kommod nach unten ziehen muss, sich also vergleichsweise wenig anstrengen muss. In der Blütezeit des Ausdrucks wurde auch der fleißige Lehrbub des Greißlers als „Waglhund“ bezeichnet. Der Begriff referiert auf das erwähnte Bild eines kleinen Wagens, das von einem Hund gezogen wird. Armen Bauern ohne eigenes Gespann diente der Waglhund-Wagen als günstiges Transportmittel für die Fahrt zum Markt.

„Wagenhund“ hat ältere Nebenbedeutungen. Einerseits wurden damit neben der Kutsche mitlaufende Hunde bezeichnet, beliebt waren Dalmatiner, Harlekin-Doggen, Pinscher und Spitze. Die Wagenhunde beschützten Fuhrwerk und Pferde auch bei kurzer Abwesenheit des Kutschers.

Zur Metapher des fleißig Arbeitenden gesellt sich auch das gegenteilige Bild, das des Faulen, das Vorhaben Bremsenden. Bezeichneten doch Fuhrwerker und Kutscher als Wagenhund eine Bremsvorrichtung an der hinteren Wagenachse – eine Eisenstange mit zwei gabelförmigen Spitzen, die sich, heruntergelassen in die Strasse bohren und den Wagen bremsen konnte. „Audsahd wira Waglhund“ kann also urprünglich auch bedeutet haben, so gut zu bremsen wie diese Vorrichtung. Dass eine Bremse gut ziehe, sagen wir schließlich noch heute.

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