Die österreichische Seele ist ein Wesen voll taumelnder Ungeduld. Sie ruft nach Stärke, wenn sie Gefahr wittert, murrt und raunt, wenn alles dahinplätschert, und Mittelmaß ist ihr nur recht, wenn es dem eigenen Fortkommen dient. Probleme hat die österreichische Seele mit der Frau an der Spitze. Wohl hat sie mit Landeshauptfrauen interessante Erfahrungen gesammelt, mit Bundespräsidentschaftskandidatinnen und mit einer Notfallbundeskanzlerin aus dem Höchstrichter-Reservoir.
Im Regelfall aber ist die österreichische Seele überfordert von einer Frau an der Spitze. Stets trachtet sie danach, die eigene Überforderung damit als Überforderung der Frau an der Spitze zu deuten. Ist doch die einzige Spitzenfrau, die die österreichische Seele zulässt, die Mama. Allenfalls die Elementarpädagogin (die Kindergartentante, wie man früher sagte). Die alleinstehende Frau, selbst wenn ihr Alleinstehen ein politisches ist, braucht einen Mann. Sagt die österreichische Seele, und mit unterdrücktem Getöse auch die sozialdemokratische Seele. Pam braucht also einen Mann, sagt die österreichische Seele und nennt den Mann, der sich selbst nennt für diese Aufgabe: Der heisere Charismatiker aus dem sonnigen Osten. Doppelspitze heißt die Forderung.
Österreich hat lange Erfahrung mit Doppelspitzenpaaren. Die zentrale Nachrichtensendung des Landes, die Zeit im Bild wird von einer Doppelspitze moderiert. Im trauten Einklang erzählen Papa und Mama der österreichische Seele, was gerade passiert ist, was die einen dazu sagen, was die anderen, was sich daraus ergibt, und was vielleicht nicht.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 25. Februar 2023.