Schneemuseum

Vom „Schnee, auf dem wir alle talwärts fahren“, berichtete einst der Schlagersänger und Früh-Influencer Hans Hölzel, genannt Falco, in seinem Welthit „Der Kommissar“. Das war im Dezember 1981, und Zeitgeistteilnehmer verstanden, dass es sich um einen Song zu Major Adolf Kottan aus der satirischen Kultserie um einen unkonventionellen Wiener Krimineser handeln musste. (Der andere Kommissar, Erik Ode, war zu alt und zu öde für jede Assoziation). Und was man auch verstand, war, was Falco Hölzel mit der Textzeile sagen wollte.

Das ist heute anders. Nicht, weil es Downhill-Abenteuer mit dem Euphorisationsverstärker Kokain nicht mehr gäbe oder andere drogeninduzierten Niederfahrten, sondern weil die Metapher das Bild nicht mehr erzeugen kann. Kinder, mithin die einzigen, die man noch erfolgreich vor Substanzen-Abusus warnen könnte (auch wenn das vielleicht nicht Falcos Hauptintention war) können den Zusammenhang zwischen „Schnee“, „alle“ und „talwärts fahren“ nicht mehr herstellen. Einfach deswegen, weil es im Tal keinen Schnee mehr gibt. Und dort, wo es welchen gibt, niemals „alle“ sind. Die Wintersportindustrie spricht längst von Schneebändern und Pistenpräparaten, von Erlebnisausaperungen und Nassschneeloipen.

„Das Schneeband, auf dem wir alle bis zur Mittelstation rutschen“ eignete sich weniger gut für die Textproduktion eines Weltschlagers. Boomer Falcos Lied wird sich also in jene sentimentale Liste einreihen, in denen Vergangene über Vergangenes singen. Helle Bächlein mit Forellen, Brunnen neben Toren, Freude und schöne Götterfunken.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 21. Jänner 2023.

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