Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 03/2022 zum 18. Jänner 2023
Liebe Frau Andrea,
relativ selten beschreiben Sie in Ihrer Kolumne Wörter, die ich nicht kenne. Jedesmal bin ich natürlich dennoch hocherfreut über das breite Spektrum an Hintergrundwissen, welches ich zu dem Wort hinzugewinne. Anfang Dezember haben mich republikweit bekannte Chat-Autoren jedoch ratlos zurück gelassen: „Nudeldrucker“ habe ich noch nie gehört. Auch wenn die pejorative Bedeutung offensichtlich ist, wäre ich sehr dankbar für nähere Beleuchtung.
Beste Grüße,
Wolfgang Kiselka, per Email
Lieber Wolfgang,
unser Wort wird mundartlich „Nudldrucka“ ausgesprochen und entspräche einem hochdeutschen „Nudeldrücker“. Nach gängiger Etymologie kommt es vom metaphorisch gelesenen Bild des geizigen Knauserers, der aus eitler Sparsamkeit seine Nudeln durch die Löcher eines siebartigen Küchengeräts drückt. In heutiger Lesart ein Geizkragen, der seine Spaghetti selber macht. Beleidigen geht besser.
Als Nudeln verstand man ursprünglich nicht die italienische Pasta, sondern kloßartige Mehlteigwaren. Das Wort enstand um die Mitte des 16. Jahrhunderts aus Knödel. Im Schlesischen hat sich die Zwischenform Knudel erhalten. Und in unserem Wort knuddeln für „liebevoll herumdrücken“. Wir kommen der Sache näher. Mit dem liebevollen Herumdrücken der Nudel ist nichts anderes als die Masturbation des männlichen Glieds gemeint, im Wienerischen bekanntlich auch „Nudl“ genannt. Ganz ohne den Vorwurf der Selbstvergnügung kann in Wien jemand auch als Nudelaug bezeichnet werden. Ohne viel anatomische Phantasie erkennen wir die Harnröhrenöffnung des männlichen Fortpflanzungsorgans.
In Zusammenschau aller Evidenzen zum Begriff ist der Nudldrucka also nicht der geizige Produzent von Küchentisch-Nudeln, auch nicht einer von knödelförmigen Beilagen, sondern schlicht der Wichser, und je nach moralischem Nadir der Onanist, Masturbator, Ipsator, Cheiromaniker, Selbstbeflecker, Rückenmarkserweicher. Das Wienerische stellt sicherheitshalber neben dem Nudldrucka noch ein weiteres Wort bereit: Den „Handwaglfoara“.
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