Österreichs wahre Grenzen

Beim Versuch Taktisches um Faktisches zu erweitern, hat eine der Naturkonstanten des Landes, die niederösterreichische Volkspartei, ihren Vereinsnamen in Niederösterreich-Partei geändert. Konsequenter wäre es gewesen, das Land selbst umzubenennen, Hanniland wäre nicht ganz falsch gewesen. Die Landeshauptstadt heißt ja schon länger St. Pröllten.

„Teile und herrsche“ ist auch in Österreich gelebte Geographie. Dabei verfolgen die Bundesländer unterschiedliche Strategien. Niederösterreich und Oberösterreich sind bekanntlich in Viertel eingeteilt, Salzburg ist in Gauen organisiert, Tirol und Kärnten verlieren sich in Tälern, die Steiermark in Furchen oder Landesteilen, die nach Himmelsrichtungen benannt werden. Der Norden heißt hier Ober, der Süden – ist Teil von Slowenien. In Vorarlberg kennen sich einteilungslogistisch nur die Vorarlberger selbst aus, das Burgenland, ein Konglomerat aus westungarischen Komitaten, macht es uns nicht schwer und kennt nur Norden, Süden und Seewinkel.

Bliebe die Zwiebel Wien. Um seinen Kern, die Innenstadt, gruppieren sich die Innenstadtbezirke. Der Gürtel hält ehemaligen Vorstädte und Dörfer auf Distanz. Etwas abseits liegt Transdanubien. Cisdanubien gibt es nur in Gedichten von André Heller. Im Westen der Stadt liegt der Grüngürtel, der in den anderen Himmelsrichtungen frech-lukullisch Speckgürtel heißt.

Als Herz Österreichs begreift sich ein diffus begrenztes Gebiet mit Seen und Villen, das legendäre Salzkammergut. Um dessen Hegemonie streiten sich Salzgauenland und Oberviertelreich. Die Oberfurchenmark nicht, sie nennt ihren Anteil Ausseerland.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 3. Dezember 2022.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert