Was jetzt wärmt

Im begreiflichen Ansinnen, Fakten nicht nur zu anzuzweifeln, sondern auch zu schaffen, hat sich die Kohorte der Alternativ-Wissenschaftler neuen Methoden geöffnet.

Der Erwärmung unserer Herzen in schwerer Zeit soll die Erwärmung unserer Wohzimmertische dienen. Das Material zum Bau der Vorrichtung ist mit zwei Einkaufsfahrten besorgt, einer zum nächsten Baumarkt, der anderen zum Einrichtungshaus des Vertrauens. Teelichtofen heißt das Wunderding. Bastler und Heimwerker zangeln es mit wenigen Handgriffen aus Tontöpfen, ein bisschen schraubbarem Eisen und einem Jahresvorrat an Teelichtern zusammen. Der unorthodoxe Radiator verspricht wohlige Wärme in kalter Zeit. Brandschutzexperten und Feuerunfallchirurgen warnen vor den selbstgebastelten Tischheizungen. Die Physiker warten mit Erkenntnissen aus dem verschwörungstheoretisch diskrediterten „Energieerhaltungssatz“ auf, nach dem sich die Energiemenge in einem abgeschlossenen System mit der Zeit nicht ändere. Teelichter, so die Naturwissenschaftler, gäben immer die gleiche Energie ab, egal ob ein Tontopf drüber gestülpt werde oder nicht. Ein Adventkranz in der vierten Woche habe die selbe Heizleistung. Papperlapapp, sagen die Freund der wohligen Alternativheizung, schon der Anblick des Stövchens wärme, von innen nämlich.

Wie privat wohnungsklimatisches Erleben sein kann, darf eine Jugenderinnerung der Autorin illustrieren. Als ein klirrendkalter Winter ihre kleine Wohnung auf 2° abkühlte, half ein Griff zur Eisschranktüre: Die 8°, die dem Frigidär entströmten, fühlten sich an, wie ein Sommerhauch aus der Karibik.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 12. November 2022.

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