Wie man zu einer Dame nicht sagt

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 42/2022 zum 12. Oktober 2022

Liebe Frau Andrea,
schon als Kind hörte ich immer wieder jemanden über bestimmte Frauen sagen: „A so a Funsn!“. Mittlerweile bin ich 62 Jahre alt und entdecke mit großer Freude das Wort „Funsn“ wieder. Ich nenne mich selbst manchmal liebevoll „Funsn“, wenn ich etwas nicht perfekt oder falsch mache oder ein bissi schlimm bin. Meine Freundinnen nenne ich auch liebevoll Funsn, je nachdem, was ich gerade aktuell mit ihnen verbinde. Die eine ist eine „Sauberfunsn“, die andere eine „Reisefunsn“ und die Dritte gar eine „Streitfunsn“. Mich würde sehr interessieren, welche Hintergründe das Wort hat und warum es so ein schlechtes Image hat. Und würden Sie mir empfehlen, es weiter zu verwenden?
Vielen Dank und beste Grüße,
Gabi Pröll, Leopoldstadt, per Email

Liebe Gabi,

unsere Alltagssprache ist voll individueller Poesie. Wir geben uns und einander Spitznamen, spotten und scherzen mit Zuschreibungen. Die wenigsten davon würden bei der Sprachpolizei des politisch Korrekten ohne Verwarnung durchgehen. Wir fokussieren auf körperliche und kognitive Defizite, je derber desto besser. Und gerne unterwerfen wir Bezeichnungen einem Bedeutungswandel. Aus Bösem kann dann Liebenswertes werden. Mein Bruder und ich sprachen uns in Reflexion auf Teile unserer Familiengeschichte jahrzehntelang nur mit Tschusch und Tschuschin an.

Das Wort Funsn wäre solch ein Fall. Sehen wir uns das Wort an. Das Wienerische und seine dialektalen Verwandten bezeichnen damit eine Frau minderer Begabung und eitler Arroganz. Als Funsn ist aber nicht nur die unangenehme Dame bekannt, sondern auch die schwach leuchtende Lampe, die Glühbirne geringer Wattstärke, die heruntergebrannte Kerze. Die Funsn, Fundsn, Fundsl erhält ihr grammatisches Geschlecht wohl von den aufgezählten Lichtquellen. Fungatssn bezeichnet das Funkeln, das schwache Leuchten, es ist eine Intensivbildung zu mittelhochdeutsch vunken, funkeln.

Wollten Sie mit Synonymen der Funsn experimentieren, böten sich Drutschn an, Drampe, Bissguan, und die unschlagbaren Invektive Schastrommel und Schasrodel. Gerne verbrämt mit dem Adjektiv „oide“.


comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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