Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 41/2022 zum 12. Oktober 2022
Liebe Frau Andrea,
woher kommt eigentlich das österreichisch-stoische „halt“ (hoid) für „eben“, das wir aus Sätzen wie „Da kann man hoid nix machen“ oder in „Der ist halt so“ kennen?
Herzlich Ernst Strouhal,
Rettenegg, Steiermark, per Email
Lieber Ernst,
das seltsame Wörtchen ist weit über Österreichs mundartliche Grenzen in Verwendung, sein Verbreitungsgebiet reicht sogar über den Weißwurstäquator hinaus und begegnet in jüngerer Zeit auch bei mitteldeutschen und norddeutschen Autoren. In die Hochsprache hat es indes noch nicht gefunden. Das Wienerische und die bairischen Dialekte sprechen es mit weichem „d“ aus. In Versuchen, es zu verschriftlichen wird es mit hartem „t“ geschrieben, wohl weil der „Halt“ (mit dem es nur scheinbar zu tun hat) in der Mundart ebenfalls „Hoid“, also weich ausgesprochen wird. Die Ausnahme, die hier die Regel bestätigt ist Wolfgang Ambros‘ 1976 erschienenes Lied „Hoit, da is a Spoit“ (Halt, da ist ein Spalt).
Die Sprachforscher finden unser Wörtchen „hoid“ als „hald“ schon im Altsächsischen, komparativ als „heldr“ (vielmehr, eher) im Altnordischen (schwedisch: „heller“) und als „haldis“ (mehr) im Gotischen. In der Bedeutung „eben, wohl, schon, nun einmal“ wird es schon um 800 im Althochdeutschen verwendet, im Mittelhochdeutschen dann als „mehr, vielmehr“, und bekräftigend als „eben, freilich“. Die mittelhochdeutsche Komparativendung „halter“ hat sich auch bei uns im Österreichischen lange gehalten, wird aber nicht mehr verstanden.
„Hoid“ wird bekräftigend und begründend (eben, ja, freilich) wie in den Wendungen „Es is hoid Wean und ned Linds“ (es ist eben Wien, und nicht Linz), oder „Ea is hoid in Janka aufgwochsn und ned in Rog“ (er ist eben in der Jacke groß geworden und nicht im Sakko), und im heutigen Sprachgebrauch vielfach einschränkend im Sinne eines Resignierens, Sichfügens verwendet, wie es etwa der Satz „Geh hoid zfuaß, waun’s Taxi ned kummt“ zum Ausdruck bringt (Geh dann eben zu Fuß, wenn das Taxi nicht kommt).
Trotz seiner Beliebtheit ist „hoid“ noch nicht zu höheren Ehren der Dudennachschlagbarkeit aufgestiegen. Seine Herkunft ist halt nicht geklärt.
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina
Liebe Frau Andrea!
In der letzten Ausgabe des „Informationsbureaus“ schreiben Sie, dass die mittelhochdeutsche Komparativendung „halter“ heute (auch) im Österreichischen nicht mehr verstanden werde.
Ich glaube, dem widersprechen zu müssen: Zumindest in Teilen des Oberösterreichischen Hausruckviertels gibt es den Ausdruck „höda“ für „mehr, vielmehr“, z.B. „Des is ma höda wuascht“ als Ausdruck von „Ist mir mehr als egal“. Handelt es sich dabei wie vermutet um die besprochene Komparativendung?
Mit der Bitte um Aufklärung verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen,
Iris Wagner
Liebe Frau Wagner,
vielen Dank für Ihren Widerspruch! Sehr wahrscheinlich ist das Hausrucker „höda“ das besprochene „halter“!
Beste Grüße,
Andrea Maria Dusl