Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 40/2022 zum 5. Oktober 2022
Liebe Frau Andrea,
im Falter 32 dieses Jahres benutzte Ihr Kollege Armin Thurnher das Verb „eingehegt“, im Falter darauf dann Klaus Nüchtern. Ich vermute in beiden Texten, was damit gemeint wäre, aber würde mich sehr über eine Erklärung darüber freuen! Balsam auf meine Bretonische Seele!
Mit Grüßen aus meinem Gehege, Besten Dank,
Hélène Stadelmann, per Email
Liebe Hélène,
wir kennen die Redewendung vom Hegen und Pflegen, auch der Heger ist uns bekannt, jener Berufstand, der im Mittelhochdeutschen, Mittelniederdeutschen den Hüter, Aufseher eines Geheges bezeichete und heute schlicht den Wald- und Forstaufseher. Sehen wir uns das Verb „hegen“ an und damit auch das von ihnen gesuchte „einhegen“. Es ist das Faktitivum zu Hag, und bedeutete ursprünglich, etwas mit einem Hag zu umgeben, was hieß, es zu umzäunen, und in weiterer Folge das Eingehegte zu pflegen, zu bewahren. Verwandt mit dem Hag ist die Hagebutte, die Frucht verschiedener, meist wilder Rosenarten. Im Märchen verwachsen die Rosenbüsche zur Hecke aus undurchdringlichem Dornengestrüpp, das der Prinz mit dem Schwert zerschlagen muss, um ins verwunschene Schloss zu kommen (oder wieder heraus). Als sprachliche Verwandte des Hags kennen wir den Hain, das gepflegte Wäldchen, und die schon erwähnte Hecke mitsamt ihrer sagenhaften Bewohnerin, der Hexe, im Mittelalter noch Hagzussa (Heckengespenst) genannt.
Auf metaphorischer Ebene werden Vorstellungen oder Absichten gehegt, (und eingehegt) wie die sicher behüteten Tiere in einem Wildgehege. Und gewiß das eine oder andere ausgeheckt.
Feinspitzen der Etymologie wird gewiss das englische hatch (ausbrüten) einfallen, im mittelenglischen noch als hacchen unterwegs. Es gehört zu einem Stamm *hag- sich fortpflanzen, der bei uns den Hagen, den Zuchtstier hervorgebracht hat und althochdeutsch hegidruos(a), hegidrousi, mittelhochdeutsch hegedruose (Hegedrüse), die Hode. Aber vielleicht ist ja die Hexe kein Heckengespenst, sondern als sexuell aktives Wesen ein Fortpflanzungsgeist.
Den es einzuhegen gilt.
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