Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 37/2022 zum 14. September 2022
Liebe Frau Andrea,
zwar hab ich ihre Erklärung zu „bacherlwoam“ [in Falter 33/2022] schon gehört, muss aber entschieden widersprechen. Es heißt nämlich „wachalwoam“. Dazu weiß ich allerdings keine Erklärung, vielleicht von „wachln“, wenn es zu warm ist? Okay, das sind lokale Unterschiede, aber die kann man doch nicht einfach beiseite schieben, oder? Im Anfangsbuchstaben gäbe es da weitere Beispiele von Wörtern, die ich allerdings schon lang nicht mehr gehört habe. Die erste Version ist die meiner Mutter, der höchsten Autorität was Dialekt betrifft. Für das frisch geschlüpfte Hendl sagt sie „Busal“ statt „Wusal“ und für das Germteigerzeugnis mit der Marmelade drin: „Wuchtl“ statt „Buchtl“. Können Sie vielleicht etwas Frieden in die Anfangsbuchstaben bringen?
Freundliche Grüße,
Leo Rögner, Graz, per Email
Lieber Leo,
auch wenn wir „wacheln“ (fächeln) als Faktor von bacherl-, wachalwoam volksetymologisch deuten müssen, ist die Autorität Ihrer Mutter in Dialektfragen keineswegs in Gefahr. Ganz im Gegenteil, befindet sie sich doch, wie wir alle, in einem sprachlichen Kontinuum, was die Vertauschbarkeit (und lautliche Ähnlichkeit) der Konsonanten b und w betrifft. Wer dem Wienerischen (und dem Grazerischen) aufmerksam zuhört, wird längst entdeckt haben, dass wir in der Mitte eines Wortes zwischen zwei Selbstlauten kein b, sondern ein w bilden. Wir sagen also Weiwal statt Weiberl, Lewa statt Leber, Düwe statt Dübel und Nöwe statt Nebel. Diese Regel gilt auch, wenn vor dem b ein l oder r steht, weswegen wir nicht halbert sagen, sondern hoiwat. Statt selber sagen wir söwa und statt grabeln growen, farbig sprechen wir foawig aus.
Auch in der Onomastik sehen wir Ähnliches. Sebastian wird zum Wastl, Barbara zur Wawerl und Betty zur Wetti. In alten Kirchen-Matriken schreibt der Pfarrer statt Balthasar auch gerne mal Walthauser.
Um uns auch international zu verwirren verwendet das Cyrillische für unsere Laute W und V den Buchstaben B. Die Bundeshauptstadt schreibt sich daher russische Вена (Wena) und ukrainisch Відень (Viden).
Wemerksenwert!
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina
Liebe Frau Andrea,
diese Verwirrungen gibt’s auch in anderen Sprachen, allerdings mit dem „V“: In spanischsprachigen Ländern (v.a. Latein und Südamerika) wird V in vielen Fällen wie ein verwaschenes B ausgesprochen: z.B. mein Name Verena als Berena, Vienna als Bienna, vale (ok) als bale, vino als bino….
Liebe Grüße
Verena
Liebe Verena,
vielen Dank für Ihre erhellenden Zusatzerkenntnisse!
Beste Grüße,
Andrea Maria Dusl