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„Es ist ein Brauch von alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör!“ Vor 150 Jahren hat der geniale Weltversteher, Zeichner und Reimeschmied Wilhelm Busch diesen Vers geschrieben. Im 16. Kapitel der traurigen Bildergeschichte von der Frommen Helene greift das unglückliche Wesen zu Mittelprozentigem. Seelentröster Alkohol wird ihr tragisches Ende beschleunigen.

Buschs Likör-Spruch ist auch in Österreich weltbekannt. Mit Sprüchen kennen wir uns aus, mit Spirituosen sowieso. Eine Begegnungskultur, die ihre Gaudilust zwischen Heurigen, Buschenschanken und Bierkellern aufspannt, das Schnapserl in Ehren so liebt, wie den Komaabsturz, weiß alles über die Gefährlichkeit des Likörs. Klug, wie der Österreicher ist (die Österreicherin ist stets mitgemeint) weicht er auf die mildere Hopfenkaltschale aus, auf Vergorenes aus Faß und Keller, und auf die Segnungen der klaren Destillate. Wie man trinkt und was man trinkt braucht uns keiner erklären. Gründe für den Abflug ins Innere gibt es viele. Freude übers Älterwerden (das eigene und das von anderen), Stolz über Geschafftes, Trauer über Niederlagen und Verluste. Jederzeit möglich ist der anlasslose Ansturm gegen den Pegel.

Getrunken wurde immer schon, heißt es aus der Kohorte der Experten, vom Damenspitzerl bis zum Vollrausch gäbe es so viele Möglichkeiten die Wirklichkeit in Richtung Wirrung zu verlassen. Vor diesem Hintergrund ist des Bundeskanzlers warnender Spruch über die Problemlösungseigenschaften von Alkohol und Psychopharmaka zu verstehen.

Der Sager fußt auf Erkenntnis: In Österreich kann ein Problem jederzeit durch ein anderes ersetzt werden,.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 10. September 2022.

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