Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 25/2022 zum 22. Juni 2022
Liebe Frau Andrea,
kürzlich besuchte mich eine Freundin auf einen Kaffee. Da sie sich ein bissel verspätete und ich den Kaffee zu früh aufgestellt hatte, war er nicht mehr so heiss, wie er sein sollte. Ich entschuldigte mich dafür, meine Freundin sagte: „Macht nix, vom kalten Kaffee wird man schön!“ Darauf fingen wir zu diskutieren und rätseln an, warum man davon schön werden sollte, bzw. woher diese Redewendung kommen könnte. Die Diskussion endete mit: Ich kenne jemanden, die das sicher weiß.
Im Voraus herzlichen Dank!
Eva Mohringer, Graz, per Email
Liebe Frau Eva,
eine gängige These zum Thema nimmt uns mit in die Zeit des Barock, wo Damen von Stand das orientalische Teufelsgetränk nur kalt getrunken haben sollen, weil der Dampf heißer Getränke die wachsbasierte Schminke jener Zeit aufgeschmolzen und ruiniert haben soll. Beleg für eine Konsumationstechnik jener Zeit ist ein 1774 publizierter Druck des französischen Malers und Kupferstechers Louis-Marin Bonnet. Das Bild „The Woman ta King Coffee“ zeigt eine junge Adelige, die dampfenden Kaffee in ihre Untertasse gießt, um ihn abzukühlen.
Das schwurbelaffine Biedermeier riet in medizinischer Ratgeberliteratur generell zum Genuß kalter Getränke. Heiße schadeten Haut und Gedärmen. Der Volksglauben selbst, seit jeher verlässliche Quelle für Sinn und Unsinn, wusste noch mehr über weibliche Schönheit. Sie bestehe vor allem in reiner Haut ohne Sommersprossen, in langen dichten Haaren und in zartem Angesicht. Als das natürlichste Zaubermittel wende man das Essen an. Wer einen Hasen esse, werde in neun Tagen schön. Mädchen bekämen schöne lange Haare, wenn sie die Sehnen vom Rindfleisch äßen. Schöne Stimmen bekäme, wer Sonntags während des Läutens drei Lercheneier austränke. Besonders werde der Genuss von kalten Speisen und Getränken empfohlen. Wenn man gekochte Speisen kalt esse, werde man schön. Mädchen, die kalten Kaffee tränken, würden schön. Hasen, Lercheneier ex und kalter Kaffee also.
Als realen Grund für die Empfehlung Kalten und Ausgekühlten dürfen wir Ressourcenschonung ansehen. Aufwärmen vergeudet Energie.
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina
Liebe Andrea,
zur aktuellen Beantwortung erlaube ich mir eine Ergänzung:
Mir ist der Spruch mit dem Kaffee und der Schönheit so bekannt: „Kalter Kaffeehauch macht schön“, es könnte auch „Kaffeerauch“ geheißen haben.
Das habe ich immer so verstanden, dass der weise Volksmund zum Ausdruck bringen möchte, dass es keine schnellen Mittel für die Erlangung von Schönheit gibt, denn kalter Kaffee raucht nicht (mehr), es gibt ihn also nicht.
Also meine Oma hat ja immer gesagt: ”Kalter Kaffeedunst macht schön!“
Verehrte Comandantina,
zur heutigen Kolumne habe ich eine profane Erklärung anzufügen: In den kühlen Burgen und Schlössern des Mittelalters pflegten die Damen ihr Gesicht mit allerlei Salben und Pasten einzucremen, um ein ansprechendes Aussehen zu erreichen. Beim Genuss eines heißen Getränkes wären die Schönheitsmasken rasch geschmolzen und abgeronnen und der gegenteilige Effekt wäre eingetreten.
Vorzügliche Grüße, Roman Rennhofer
PS.: Erfahren habe ich das im Zuge einer Führung durch das Schloss Heidenreichstein, im Zuge derer auch weitere Redewendungen wie „den Löffel abgeben“, „auf den Hund kommen“, „auf der hohen Kante haben“ usw. plausibel erklärt werden. Aber alles verrate ich nicht!