Wieso ist wer ein Heisl?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 22/2022 zum 1. Juni 2022

Liebe Frau Andrea,
Ernst Nevrevy, roter Bezirksvorsteher der Donaustadt hat vergangenen Samstag beim SPÖ-Landesparteitag Grüne und Klimaschützer als „Heisln“ bezeichnet. Das Wort ist automatisch als Schimpfwort identifiziert worden, aber unabhängig von jeglicher inhaltlicher Auseinandersetzung frage ich mich: Warum eigentlich? Bedeutet Heisl sonst noch etwas anderes außer Klo? Woher kommt es und was will es eigentlich ausdrücken?
Liebe Grüße,
Nina Brnada, im Hause, per Email

Liebe Nina,

das Wienerische versteht unter Heisl (Schönbrunnerdeutsch: Häusl) die Toilette. Als Beleidigungen haben Heisldschik (Zigarettenrest aus der Toilette) und Heislbesn (Klobürste) indes größere Hebel. Wer außer sich ist in Wien, ist zudem „gaunds ausn Heisl“ (ganz aus dem Häuschen). Obwohl in Mietskasernen der Gründerzeit auch das „Indische Klo“ (das WC jenseits des Ganges) als Heisl bezeichnet wurde, kommt das Wort ursprünglich vom Land. Dort benützte man für das große Geschäft eine kleine hölzerne Hütte, das sogenannte Heisl (Häusl), in Respektabstand zum bäuerlichen Wohngebäude errichtet. In die Sitzbank im Inneren des Häusl war ein tortentellergroßes Loch eingeschnitten, das nach Besuch mit dem (losen) Klodeckel verschlossen werden konnte. Die Endprodukte der Häuslproduktion fielen in eine Senkgrube unter der Hüttchen. In regelmässigen Abständen wurde der Grubeninhalt mit ungelöschtem Kalk desinfiziert. War die Grube voll, wurde in einiger Entfernung eine neue ausgehoben und das alte Häusl drübergestellt.

Das Wort Heisl (Mehrzahl: Heisln) wird am Land so gut verstanden wie in der Stadt. Ungeachtet der Empörungsspirale, in der „Heisln“ momentan weitergereicht wird, gibt es deftigere Beschimpfungen im Wienerischen, so: Stingada Haringschädl (stinkender Heringskopf), gfäude Ossl (faulende Assel) und Rettichsalamanda (Gefängnisklo-Amphibie). Kurz und immer gut: Fetznschedl (Lumpenkopf), Schneebrundsa (Schneepinkler), Voikstdrottl (Volkstrottel), Voikoffa (Vollkoffer), Schasdromme (Furztrommel) und Beidl (Penis). Als proletarische Beleidigung für Stadt-Besucher vom Land kennt das Wienerische: Gscheada Schoitl (Geschorener Depp).


comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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