Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 18/2022 zum 4. Mai 2022
Liebe Frau Andrea,
ich bin in einem Interview zum ersten Mal auf die Formulierung „einen Spundus haben“ gestoßen, offenbar in Österreich ein Synonym für „Respekt haben“. Woher kommt dieser Begriff?
mit Dank im Voraus,
Günther Schöller, Wien-Margareten, per Email
Lieber Günther,
wer in Österreich, und speziell in Wien einen Spundus (Schbundus) hat, fürchtet sich vor etwas, hat begründete und meist auch berechtigte Angst. Der Begriff reicht weit über unsere Landesgrenzen hinaus, er findet sich in vielen süddeutschen Dialekten, sogar in einem Mundart-Wörterbuch des Sächsischen ist er gelistet. Obschon der Ursprung des Begriffes etymologisch noch nicht restlos geklärt ist, gibt es belastbare Hinweise darauf, dass er aus der Studentensprache in den Alltagsjargon übersiedelt ist. Die lateinische Endung wäre einer dieser Fingerzeige. Das Wienerische kennt eine sehr ähnliche Wendung, den Spurius (Schburius), die Ahnung. Der Spurius ist eine latinisierende Bildung zu Spur (Schbua) und spüren (schbiarn, gschbiarn).
Welche ähnlich klingenden Wörter könnten den Spundus gebildet haben? Dass er sich vom hellebardenartigen Infanteriespieß Sponton, italienisch spuntone, französisch esponton, einer im ausgehenden 17. und 18. Jahrhundert in fast allen europäischen Heeren verbreiteten Waffe ableitet, ist möglich, aber unwahrscheinlich, gibt es doch bessere Deutungen.
Die Etymologen des Wienerischen sehen den Spund (Schbund) den zapfenförmigen Verschluss eines Bier- oder Weinfasses als Ursprung an, aber auch seine Zweitbedeutung, den jungen Spund oder Jungspund, den unreifen, unerfahrenen Mann. Die Angst des männlichen Studenten vor dem Anzapfen des Bierfasses im Rahmen von Trinkritualen in der studentischen Bude, oder die Furcht vor der sehr ähnlich klingenden Sponsion könnte uns als Erklärung schon genügen. Gäbe es nicht auch eine sexuelle Konnotation für das Anzapfen und die Angst davor – die des jungen, unerfahrenen Studiosus vor der ersten Penetration im Rahmen einer außerhäuslichen (und gewiss vorehelichen) Prostitutionserfahrung.
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