Neue Kugeln für Salzburg

Im Vermarkten des Vermarktbaren ist die Festspielstadt Österreichs Nummer eins. Während andere Destinationen sich im Vermarkten des Unvermarktbaren versteigen, und allzu oft im Nichtvermarkten des Vermarktbaren, macht Salzburg alles richtig: Jahrtausenderfahrung.

Die Goldkugeln mit Wolferls Gesicht kennt die Welt, aber sehen wir uns die Sache an einem anderen Beispiel aus der Süßspeisenwelt an. Muss man Unwiderstehliches bewerben? Muss man nicht, sagen die Unkundigen. Apfelstrudel aus Wien werden daher nicht besungen, die Linzertorte nicht, und nicht der Schmarrn aus Kaisers Ischl. Wohl aber die süßen Träume aus Salzburgs Backherden. Schnulzenimperator Peter Alexander machte sie 1961 in einem süßlichen Lied im Zielgebiet Deutschland weltberühmt: Die Salzburger Nockerl. „Wenn damals der Mozart die Nockerl probiert, dann hätt‘ vielleicht der schon das Lied komponiert (…) süß wie die Liebe und zart wie ein Kuss (…) Salzburger Nockerl, Salzburger Nockerl!

Die Original-Rezeptur unterscheidet sich von Gaststätte zu Gaststätte und wird als Familiengeheimnis weitervererbt. Ziel ist, aus Nichts Alles zu machen, sprich, aus Frühstückseiern und Hotelzucker das Unmögliche: Warmen Schnee. Die Kaufmannstochter Salome Alt, heimliche Ehefrau des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau soll das luftige Gebirge aus Schaum im frühen 17. Jahrhundert erfunden haben. Drei Nocken, die verschneiten Salzburger Hausberge Mönchsberg, Kapuzinerberg und Gaisberg darstellend. Und wahrscheinlich ist an der Marketinghistorie für den Nockerlzauber so ziemlich alles erfunden. Was bleibt, ist der Leitspruch des österreichischen Tourismus:

Aus Luft mach Schnee, aus Schnee mach Geld.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 12. März 2022.

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