„Die Wege entstehen im Gehen“ erkannte schon Alfred Gusenbauer, zwischen Jänner 2007 und Dezember 2008 österreichischer Bundeskanzler. Von großer Ausdehnung war die Strecke nicht, die der Ybbser Aufsteiger ins Wegenetz der Republik schlagen durfte. Gefühltermaßen war aber auch das zu lange. Koaltionspartner Wilhelm „Willi“ Molterer beendete das Gehwegmachen mit Längenmaßauskunft „es reicht“.
Die Verbindung von Zeit- und Längenmaß, ja das Zusammenfallen des einen mit dem anderen ist eine österreichische Besonderheit. Entfernungen werden hierzulande gerne mit der Zeit verknüpft, die seine Überwindung erfordert. Wir kennen das vom Wandern am Berg. Da wird die Entfernung zur nächsten Etappe nicht in Metern, Hektometern oder gar Meilen angegeben, sondern in Minuten und Stunden. Das ist nicht nur vernünftig, sondern auch sehr österreichisch, nämlich menschlich. Wir kennen das aus der Kosmologie, wo sich das Österreichische im Entfernungswesen breitgemacht hat. Eine prominente Distanz von, sagen wir mal 9.460.730.472.580.800 Metern schrumpft dort draußen im Sternenmeer auf die Maßeinheit Lichtjahr. Umgerechnet wäre ein Kilometer 0,000003335640951982 Lichtsekunden lang. Das ist selbst für österreichische Abfahrtsartisten zu schnell oder zu kurz, jedenfalls kaum zu erfassen. Enfernungen am österreichischen Berg werden daher in leicht fasslichen Mehrfachen einer Viertelstunde gemessen. Wegweiser am Berg informieren uns, dass die Schutzhütte Latschensattel 2¾ Stunden, und der Fernsichthit Hochkogelmugl 4 1/2 Stunden weit weg sind.
Dann doch lieber Abbiegen zur Viertelstunden-Destination Palatschinkenalm.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 19. Februar 2022.
Liebe Frau Andrea, als Ingenieur mit der Spezialisierung „Fertigungsmesstechnik“ und gern-häufiger Tourist im Lungau war Ihre Kolumne in der SN Urlaubsfreude und Arbeitserinnerung zugleich 🙂
Die Verbindung von Längen- und Zeitmaßen ist wirklich eine österreichische Besonderheit. Aber am Berg zählt nicht die theoretische Längenausdehnnung der Strecke sondern die praktische Zeitausdehnung … So gebe ich den Studierenden gern weiter, dass der Nutzen eines Messwertes sich nicht schon am Referenznormal erkennen lässt, sondern erst an der erfolgten Umrechnung in eine praktikable Größe!
Also dann: Auf zur Viertelstundendestination Palatschinkenalm, und bitte: Wie lang ist die Strecke dorthin?
Beste Grüße aus Thüringen ins Salzburger Land – Prof. Matthias Gröger