Wohin führt die Schreamsn?

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 07/2022 zum 16. Februar 2022

Liebe Frau Andrea,
ich bin gerne in den Bergen unterwegs. Am liebsten abseits der Wege, also „g’schreams“. Woher kommt dieses Wort, das mir seit meinem Aufwachsen im Obersteirischen geläufig ist? Nicht nur für das Weglose im Gebirge, auch für „schräg“, „ungerade“ oder „krumm“. Auch kenne ich zwei Orte mit dem Namen Schrems (einen in der Steiermark und einen im Waldviertel, wo das Schremser Bier herkommt). Liegen diese Orte gschreams in der Gegend?
Auf Aufklärung hofft,
Reinhard Wimmler, Liezen, Murau, Graz, per Email

Lieber Reinhard,

sehen wir uns zunächst die Schrems(e) an. Neben der niederösterreichischen Biermetropole im Bezirk Gmünd gibt es sogar zwei steirische Orte namens Schrems. Eine auf dem Gemeindegebiet von Fladnitz an der Teichalm, die andere auf dem von Frohnleiten. Alle genannten Schrems(e) leiten sich wohl von Skremenica/Skremelica ab, einem Gewässernamen slawischer Herkunft mit der Bedeutung „Kieselbach“ (von slawisch „kremen“, harter Stein, Kiesel).

Unsere, auch in Wien bestens bekannte Schreamsn ist germanischer. „Über die Schrems(n) gehn“ bedeutet im Bairischen, eine Kurve zu fahren oder einen Bogen zu gehen. Im österreichischen hat die Diphthongierung von „e“ zu „ea“ vor dem Nasal aus der Schremse die Schreams(n) erzeugt. Das Adverb schreams bedeutet quer, schräg. Die Schreams(n) ist die schräge Lage, „iwa d’Schreams legn“ bedeutet, etwas quer zu legen, „noch da Schreamsn“ geht, wer querfeldein ab- oder aufsteigt.

Eng verwandt mit der Schremse, Schreamse, Schreamsn ist die Schramme. Im heutigen Sprachgebrauch eine harmlose und oberflächliche Hautabschürfung, bezeichnete sie ursprünglich eine schräg oder quer zugefügte Schwertwunde. In der Bergbau-Sprache hat sich diese ältere Bedeutung noch erhalten, dort bezeichnet man die schlitzende Art der Gesteinsarbeit als schrämen. Dabei wird das Gestein mit spitzem Eisen, dem Berg- oder Schrämeisen ausgemeißelt, um einen schmalen Schlitz, den Schram(m) zu schlagen.

Wortgenauigkeitsfanatiker würden wohl, eine Flasche Schremser in der Hand, in einem der steierischen Schremse querfeldein wandern. Dreifach g’schreamt, sozusagen.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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