Die Österreicherinnen und Österreicher sind freundliche Menschen, sorgenvoll glücklich, aber bestens gestimmt. Schon die Begrüßung „Guten Morgen“ beweist prognostische Zuversicht. Nicht jeder Tagesbeginn ist gut, und erfahrungsgemäß geht es oft düster weiter. „Guten Tag“, werfen wir einander noch zu, wenn es gar nicht mehr zutrifft. Kann ein formidabler Nachmittag, ein gelungener Abend noch alles retten? Im glücksbereiten Deutschland vielleicht, wo der Dienstschluß „Feierabend“ heißt. Auch mit dem „Guten Neuen Jahr“ verhält es sich österreichisch. Selten hält es, was der Spruch verspricht. Wilhelm Busch hat es in der Bildergeschichte Plisch und Plum zusammengefasst: „Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt.“
Als internationaler Experte für das Auseinanderklaffen von Plan und Ausführung galt der Liverpooler Tondichter und Friedensphilosoph John Lennon. In seinem Song „Beautiful Boy (Darling Boy)”, 1980 auf dem Album „Double Fantasy“ erschienen, singt er über die liebende Faszination für sein alptraumgeplagtes Söhnchen Sean. Eine Songzeile erfuhr epochale Berühmtheit: „Life is what happens to you while you’re busy making other plans” (Das Leben ist das, was dir passiert, während du fleißig andere Pläne schmiedest). Dass John Lennon im Erscheinungsjahr von Platte und Song erschossen wurde, darf als bitterer Treppenwitz der Musikgeschichte verstanden werden.
Die österreichische Seele ist vorsichtiger, sie hat die unsterblichen Steirer Opus ins Rennen geschickt. Die wissen über den eskalierenden Gesamtzusammenhang zumindest:
Live is Life, nana na na na.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 8. Jänner 2022.