Hansln wohin man schaut

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 41/2021 zum 13. Oktober 2021

Liebe Frau Andrea,
woher kommen all die Hansln? Raufhansl, Moidhansl und viele andere mehr. Warum gibt es keinen Rauflukas oder -markus?
Vielen Dank für ihre Aufklärung
Felix Pichlmayer, Lockenhaus, Burgenland, per Email

Lieber Felix,

wir alle kennen die ‚Heulsuse‘ (von Susanne), die ‚dumme Liese‘, den ‚Piepmatz‘ (von Mathias), die ‚faule Grete‘, den ‚Dreckbar­thel‘ (von Bartholomäus) und den ‚Miesepeter‘. Aus dem ‚Struwwelpeter‘ des Frankfurter Arztes und Psychiaters Heinrich Hoffmann kennen wir den essgestörten ‚Suppen-Kaspar‘, den hyperaktiven ‚Zappel-Philipp‘ und den verträumten ‚Hanns Guck-in-die-Luft‘. Hans und Hannes als Kurzformen von Johannes waren vom 14. bis zum 17. Jahrhundert die meist verbreiteten aller deutschsprachigen Vor­namen. So darf es nicht wundern, daß Hans in der Mehrzahl der Spottnamen zirkulierte, als ‚Faselhans‘, ‚Gaffhans‘, als geiziger ‚Knapphans‘, als ‚Plapperhans‘, ‚Prahlhans‘, und ungepflegter ‚Schlapphans‘. Auch bei uns gut bekannt ist ‚Schmalhans Küchenmeister‘, das Synonym für armutsbedingte Lebensmittelknappheit. ‚Meister Hans‘ wurde der Scharfrichter genannt, ‚Hans im Glück‘ ist im Märchen der Naivling, ‚Hänsel und Gretel‘ die Kinder armer Leute. ‚Hans Dampf in allen Gassen‘ nennen wir den anstrengenden Vielstapler, der ‚Hanswurst“ ist der kasperlhafte Schelm.

Der ‚Hansl‘ (der Rest im Glas) hat Bezug zu einem andereren Vornamen: Dem Hantsl, eigentlich Heinzl, jenem unsichtbaren Koboldwesen, das als (meist guter) Hausgeist verstanden wird und auf dem Boden des Fasses hausen soll. Als ‚gescheada Hansl‘ (geschorener Heinzl) tritt im Wienerischen der Tod auf. Das Geisterhafte steckt auch im Feuersalamander, der im Salzburgisch-Bairisch-Tirolerischen ‚Moidhansl‘ (Moltheinzl) heißt, von Mold, Molde, althochdeutsch molta, Erde, Staub, Laub. Am Wegrand schließlich wächst der ‚Schliafhansl‘ (Hordeum murinum, die Mauer- oder Mäusegerste).

Zurück zu den Johannes-Hansln. Das Wienerische kennt neben dem ‚Streithansl‘ auch den frommen ‚Kirchenhansl‘, den dauermaroden ‚Spitalhansl‘, den zornfreudigen ‚Gifdhansl‘ und seinen Verwandten, den gerichtsbekannten ‚Prozesshansl‘.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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