1962 schlägt der kalifornische Philosophieprofessor Abraham Kaplan ein neues Kapitel der Erkenntnis auf. “Gib einem Jungen einen Hammer”, meint der Professor launig, ”und alles was ihm begegnet, muss eingeschlagen werden.” Das Bonmot beginnt einen Siegeszug durch Konferenzen, Seminare und Fremderfahrungsgruppen, und schleift sich zur heute bekannten Variante ab: „Wenn du nur einen Hammer hast, schaut jedes Problem wie ein Nagel aus!“ Der Satz beschreibt auch den Blick vom Zentrum in die Provinz. „Birmingham-Schraubenzieher“ nennen die Londoner einen einfachen Hammer. Die Tschechen ziehen ihre östlichen Nachbarn auf, wenn sie den Witz mobilisieren, demnach man aus dem mährischen Schweizermesser ausschließlich Korkenzieher ausklappen kann. Wir sind schon fast in Österreich angelangt.
1955 wird das österreichische Werkzeug in Stellung gebracht. Die Verhandlung. An der Tafel eines Moskauer Palais sitzen unter dem Bildnis Stalins der sowjetische Außenminister Molotow und seine Generäle. Weinend. Neben Sektflöten und leeren Wodkaflaschen greift der österreichische Bundeskanzler Julius Raab mit geöffneter Weste in die Saiten seiner Zither und schürzt die Lippen zur heimlichen Landeshymne. Außenminister Leopold Figl flüstert ihm den Musikwunsch ins Ohr: „Und jetzt, Raab, jetzt noch d’ Reblaus, dann sans waach!“ Die legendäre Zeichnung fasst zusammen, wie sich der kleine Maxi die große Politik vorstellt. Ob die kuriose Staatsvertrags-Legende so überhaupt stattgefunden hat, ist dabei unwichtig, schreibt sie doch die beiden Universalwerkzeuge Österreichs ins Buch der Geschichte ein:
Schnaps und Gesang.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 11. September 2021.