Eine große Leidenschaft der Österreicherinnen und Österreicher ist die Angst. Die Angst ist unser großes Agens. In der Angst kennen wir uns aus. Profis gehen einen Schritt weiter. Sie entfliehen der eigenen Ängstlichkeit und arbeiten an fremden Ängsten. Seelenforscher haben als größte Angst jene identifiziert, vor einer großen Gruppe von Menschen zu sprechen. Man versteht, wie Politiker mit Redefreude und der Lust an Pressekonferenzen zu Respektspersonen aufsteigen können. Wer Sprechangst hat, gerät leicht in Gefahr, die diesbezüglich Angstlosen für Helden zu halten. Als zweitgrößte Angst wurde übrigens jene ausgemacht, sich bei einem öffentlichem Vortrag in die Hose zu machen.
Dass sich die Menschen im Land vor Menschen aus anderen Ländern fürchten, muss differenziert betrachtet werden. Bringen die Fremden Geld mit, sind sie willkommen (dann dürfen sie sich auch daneben benehmen), kommen Habenichtse über die Grenze, ist höchste Vorsicht geboten. Ähnlich verhält es sich mit der Enteignung. Ist der Räuber reich und bekannt, darf er alles, aber wehe, wenn es anders ist.
Warum fürchten sich so viele vor der Impfung? Es werden nachweislich keine Chips implantiert, fatale Unverträglichkeiten grundeln im Hundertstelpromillebereich, Durchbrüche sind leicht und von kurzer Dauer. Die Antwort ist sehr österreichisch, also ganz einfach. Das Virus hustet uns der Nachbar zu, der Impftstoff kommt von unbekannten Fremden.
Dieser Befund schreit nach einer österreichischen Lösung: Impfzuckerl aus heimischer Produktion, Geschmacksrichtung Griassdi-Obstler.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 14. August 2021.