Österreich ist ein sehr gläubiges Land. Wir glauben an die Einzigartigkeit des Landes, sein Primat im Weltgeschehen und dass wir von der besten (Alternative: schlechtesten) Regierung aller Zeiten regiert werden. Manche von uns glauben an ihren Lieblings-Fußball-Verein, alle an die Heilkraft des Schnapses. Der Glaube selbst aber wurzelt im Katholizismus (übrigens auch der Unglaube). Nur der Aberglaube quillt aus tieferen Schichten des Österreichischseins. Der Zweifel an der Wissenschaft nährt sich aus Zeiten, in denen die Ärzte und Bader gegen Krankheiten aller Art nur Quecksilbertinkturen zu verschreiben wussten, Aderlässe und Einläufe. Großmutters Essigpatscherln halfen in der Regel besser. Das Stoßgebet gen Himmel sowieso.
Als es unter Maria Theresia erstmals Pockenimpfungen im Land gab (sie wurden aus Kuhpocken-Viren hergestellt), fürchte man, selbst zum Rind zu werden. Erst die Erfolge der neuen Heilmethode erodierten die Skepis der Schulmediziner, das Volk blieb noch länger zögerlich. Tod, Siechtum und das entstellte Gesicht waren lange Zeit beliebtere Alternativen als die nachgewiesene Sicherheit durch die Impfung.
Wir müssen jenen Teil der Bevölkerung verstehen, der in der Corona-Impfung unwirksamen Hokus-Pokus sieht, fußt deren Verständnis von Aktion und Reaktion doch auf wirklosem Fernspuk aller Art. Pendelwerk, Räucherereignissen, dem Aussprechen heiliger Formeln oder schlicht der Freiheit der Verweigerung. Wer daran gewöhnt ist, dass Zauber nur durch Selbsttäuschung wirkt, kann unbekannter Magie (Pfizer! Astra! Moderna!) nur Verachtung entgegenbringen. Weißkittel Dr. Mückstein wird die Gebetsmühle anwerfen müssen.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 15. Mai 2021.