Wo die Kropferten herkommen

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 19/2021 zum 12. Mai 2021

Liebe Frau Andrea,
als durchaus aufmerksamer und wissbegieriger Leser, der die amüsanten und gelehrten Antworten in Ihrer Kolumne sehr schätzt, erlaube ich mir eine Anfrage: Die Haltung, die einige unserer (nicht geschätzten) Politiker in letzter Zeit gehäuft an den Tag legen ist eine, die sich uns niederem Wahlvolk gegenüber mit den Worten „schmeck’s Kropferter“ sehr gut volkstümlich umschreiben lässt. Auch Ihr Kollege Dr. Bergmann nutzte diesen in einer seiner letzten Beiträge. Ein Begriff, den ich mein ganzes bewusstes Leben kenne und auch durchaus einmal anwende, dessen etymologischen Ursprung mir allerdings bisher verborgen ist.
Für eine Aufklärung bin ich sehr dankbar.
Helmut Reiter, Gumpoldskirchen, per Email

Lieber Helmut,
die Wendung „schmeck’s, Kropferter!“ ließe sich am besten mit „dann koste halt davon, Depp!“ übersetzen. Aber warum ist ein Kropferter ein Depp? Die hypertrophierte Schilddrüse oder Struma war in früheren Jahrhunderten das leidige Kennzeichen ganzer Bevölkerungen in den Alpen und anderen bergigen Gebieten Europas. Als Ursache für geschwollene Hälse und Halsbeutel von der Größe eines Brotleibes wurde erst spät der Jodmangel in diesen Gegenden ausgemacht. Das ist auch der Grund, warum noch heute dem heimischen Speisesalz Jod als Nahrungsergänzung beigemengt wird. Die landwirtschaftlich genutzten Böden der Alpenregion und des Balkan sind vergleichsweise arm an Jodverbindungen. Sie wurden im Laufe der Erdgeschichte ausgewaschen. Der Jodmangel im Trinkwasser der Obersteirer, Pinzgauer, Walliser, Schwarzwälder (um nur einige zu nennen), führte aber nicht nur zum unschönen Phänomen des Kropfes, der vergrößerten Schilddrüse, sondern durch deren Unterfunktion auch zum Mangel der dort synthetisierten lebensnotwendigen jodhaltigen Hormone Thyroxin T4 und Triiodthyronin T3. Weil diese Verbindungen von entscheidender Bedeutung für die frühkindliche Entwicklung des Gehirns sind, führt ein ausgeprägter Mangel zu mehr oder minder schwerer geistiger Retardierung bis hin zum Kretinismus. Kropf und mentale Beeinträchtigung waren weit verbreitete Phänomene und haben zur Invektive „Kropferter“ für Idiot, Dummkopf geführt.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

2 Gedanken zu „Wo die Kropferten herkommen“

  1. Was das „schmecks“ betrifft, so kenne ich diesen Ausdruck auch im Sinne von etwas riechen, etwas verstehen. Und das schmeck’s, Kropferter! würde ich nach meiner sprachlichen Sozialisation so deuten, dass ein sich abgehoben dünkender Mensch, der nicht zur Erläuterung seiner Ausführungen gewillt ist, diesen Ausdruck dem Erklärung heischenden Zuhörer mehr oder weniger heimlich an den Kopf wirft.

  2. Diese Erläuterungen sind mir sprachlich zu gekünstelt. Ich erkläre es einfach: Kropferter ist nur ein abfälliger Terminus für einen etwas dümmlichen Alpenbewohner und zu vergleichen mit Termini wie Gselchter oder derb Gschissener in anderem Zusammenhang. Besonders in bäuerlichen Gegenden war der Kropf eine häufige Form einer Erkrankung. Schmecken bedeutet in der alpenländischen Mundart soviel wie riechen oder auch passen. Des schmeckt mir ned bedeutet das passt mir nicht, schmecks Kropferter bedeutet das kann ich nicht erriechen du z. B. Dummkopf, oder woher soll ich das wissen.

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