Wir kennen das, und wenn wir es nicht aus eigenem Erleben abrufen können, so hat es uns jemand erzählt: Wie der Aufguß stattfindet. Der österreichische Sauna-Aufguß. Stets wird er vom Ermächtiger ausgeführt. Der Ermächtiger ist ein saunabekannter Mann. Zu jedem Saunagang findet er sich ein. Er ist mittleren Alters, badebeschlapft und kittelbeschürzt. Und Obacht: Seine Instrumente sind das zusätzliche Handtuch und die kleine Flasche. Je nach regionaler Befindlichkeit und Ansehen der Heißluftkammer kann darin alles sein, vom arabischen Öl bis zum mostviertler Obstler. Und jede andere Kombination verdampfbarer Stoffe.
Der Aufgußermächtigte verharrt still, bis ihm die Temperatur (es ist jene, die Normalsterbliche für hoch erachten) günstig erscheint. Das weckt den Aufgußermächtigten in sein schlimmes Tun. Langsam und bedächtig, stets mit leichtem Grinsen, greift er die bodennah in einem Nadelholzeimer gelagerte Kelle, schöpft eine Handvoll Wassers daraus und streckt sie mit Hochprozentigem aus seiner geheimen Flasche. Nun beginnt der Aufgußermächtigte sein sadistisches Werk, er gießt der Kelle Inhalt auf die heißglühenden Ofensteine, erfreut sich am beißenden Zischen und an der aromatischen Wolke. In einer friedlichen Welt wäre damit alles geschehen. Nicht so in der österreichischen Sauna. Hier verdreht der Heißluft-Bandit das Handtuch zur Schleuder und schwingt es durch die böse Kammer. Schweiß und Schmerz sind seine Ernte. Schweiß und Schmerz der anderen.
Die ermächigten Heißluftproduzenten sind längst in höchsten Ämtern angekommen. Und eines ist gewiß: Es schwitzen immer die Falschen.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 8. Mai 2021.