Immunität

Die meisten Österreicherinnen (Österreicher sind immer mitgemeint) kennen den Begriff der Immunität vor allem aus politischen Zusammenhängen. Obschon sie nur für Abgeordnete gilt und auch da nur für Äußerungen im Zusammenhang mit deren Parlamentsarbeit, werden gemeinhin sämtliche Teilnehmer am politischen Geschehen als immun erachtet, ungeachtet von Funktion und Status. Vom Gemeindesekretär aufwärts, Schulwarte und Badewaschl inkludiert. Das Rütteln an diesen Zuständen hält sich bei Immunen und Nichtimmunen in Grenzen. Die einen meinen, es sei anmaßend, die anderen erachten es für sinnlos.

Der Begriff der Immunität in Sachen Corona hatte es hierzulande also schwer, Sympathie zu gewinnen. Zusätzliche Verwirrung stifteten Lockerungsfreunde und Aufsperrforderer, die aus dem Land der Rentiere und Selbstzusammenbaumöbel den Begriff der Herdenimmunität importierten, die Idee, eine Bevölkerung könne durch einen Mix aus Infektionen und Impfungen einen pandemiebeendenden Prozentsatz an Immunität erwerben. Dabei dachten sie nicht daran, dass die Österreicherin (der Österreicher ist immer mitgemeint) unter „die Herde“ Koch- und Backvorrichtungen versteht, möglicherweise auch „die Horde“ (aus dem Osten), jedenfalls keine Tieransammlungen. Auf der Alm weiden freie Kühe, Schafherden wiederum sind so selten wie suspekt. Einzig das Vieh, das im Stall steht, erzeugt Bilder gemütlicher Sicherheit. Verständlich, dass im Land der Berge vollbesetzte Großraumbüros, überfüllte Klassenzimmer und Ansammlungen in Sälen als unbedenklich erachtet werden. Dem Virus gefällt’s.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 24. April 2021.

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