Fragt der eine Rettungssanitäter den anderen: “Wie gehma vor?”, “Vorgehen is scho falsch”, antwortet der. Wir kennen den Dialog aus der Verfilmung von Wolf Haas‘ Roman „Komm, süßer Tod“ als zentrale Moralvorgabe österreichischer Entscheidungsprozesse. Der andere Satz, mit dem der galoppierende Gesamtzusammenhang im Land hinreichend beschrieben werden kann: „Den Wurstel kann keiner derschlagen“.
Als Urwurstel gilt jene derb-komische Theaterfigur, die ab dem 16. Jahrhundert als Hans-Wurst die Volksbühnen eroberte und von Luther bis Goethe auch Autoren von Rang begeisterte. Der österreichische Wurstel indes ist kein Wiener, wie man mit Blick auf die Benennung eines ganzen Vergnügungsbezirkes (des Wiener Wurstelpraters) meinen könnte, sondern ein Salzburger. Seine Karriere beginnt als „deutsche“ komische Figur, die Joseph Anton Stranitzky, Wanderarzt und Pächter des Wiener Kärntnerthortheaters zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit seiner monty-phytonesken Truppe entwickelt hatte. Stranitzkys Wurstel trug die Tracht eines Salzburger Bauern (genauer die der Lungauer Sauschneider): Eine offene rote Jacke über blauem Brustfleck, einen gefältelten weißen Kragen, weite, aber zu kurze gelbe Hosen, die von roten Hosenträgern und von einem Ledergürtel gehalten wurden. Der Wurstel trug derbe Schuhe, sein Haar war gestrafft und geknotet, Man Bun hieße das heute. Am Kopf trug der Narr einen spitzen grünen Hut mit breiter Krempe.
Fragen wir den Salzburger Sauschneider: “Wie gehma vor?”
“Weiterwurschteln wär ned falsch.”
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 3. April 2021.