Kaffee in Häusern und Höfen

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 11/2021 zum 17. März 2021

Liebe Frau Andrea,
bei einem Innenstadtspaziergang erinnerte ich mich an meine Schulzeit und die damit verbundenen Besuche in leider nicht mehr existierenden Kaffeehäusern. Dabei stellte ich mir die Frage, weshalb so viele den Zusatz „Hof“ im Namen führen beziehungsweise führten? Niemand anderer als Sie könnte darauf Antwort geben.
Vielen Dank und herzliche Grüße,
Karl Mühlberger, per Email

Lieber Karl,

spirituell betrachtet exististiert momentan kein einziges Wiener Kaffeehaus. Alle sind coronabedingt geschlossen. Bei genauerer Betrachtung sind es gar nicht so viele Kaffeehäuser, die das Ortssuffix -hof im Namen führen. Thomas Bernhards (und der Comandantina) Lieblingscafé, das Bräunerhof, hieß ursprünglich Café Sans Souci und wurde erst 1938 nach der nahen Bräunergasse benannt. Der Sitte, sich nach einer nahen Gasse oder Straße zu nennen, verdanken das Florianihof (in der Florianigasse), das Hegelhof (um die Ecke zur Hegelgasse), das Herrenhof (in der Herrengasse), das Krugerhof (in der Krugerstraße), das Rüdigerhof (im gleichnamigen Gebäude an der Mündung der Rüdigergasse), und das Sperlhof (in der Sperlgasse) ihre Namen.

Einen Hinweis auf eine mögliche Begründung der Tradition könnten wir im Café Dogenhof in der Praterstraße sehen, es wurde im gleichnamigen, im venezianischen Stil erbauten Gebäude eingerichtet. Eine andere Benennungskultur sehen wir im Café Tirolerhof. Der gastronomischer Betrieb, ursprünglich eine Molkerei, nannte sich nach einer großen Landwirtschaft, die sein Besitzer in der Nachbarschaft der heute noch existierenden Tirolerhof-Siedlung bei Perchtoldsdorf betrieb. Die Endsilbe -hof referiert in allen Fällen auf die mittelalterliche Benennungskultur großer geschlossener Gebäudekomplexe. Als Wiener Beispiele seien genannt der Heiligenkreuzerhof, der Köllnerhof, der Mölkerhof, der Passauerhof, der Regensburgerhof, der Schottenhof. Benannt nach Kaufleuten und Stiften waren sie auch namensgebend für etwaige Herbergen und Schenken.

Falls Sie für Freundinnen fragen wollten, welches Kaffeehaus in Wien dringend fehlte, könnte eine Antwort lauten: Das Café Comandantinahof.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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