Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 10/2021 zum 10. März 2021
Liebe Frau Andrea,
ich möchte gerne wissen, ob Adam und Eva einen Bauchnabel hatten. Also, auf vielen der einschlägigen Bilder (Cranach, Dürer, Michelangelo, Klimt) sehe ich einen. Aber er irritiert mich immer, weil meines Erachtens dürften sie keinen haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Katharina Conradi, per Email
Liebe Katharina,
die Frage nach den umbilikalen Verhältnissen des ersten Menschenpaares beschäftigt Theologen, Künstler und interessierte Laien seit Jahrunderten. In biblischer Sichtweise wurde Adam von Gott nach dessen Ebenbild aus erdhafter Materie geformt, und durch Einhauchung des Lebensodems belebt. Die Gefährtin Eva „baute“ der Schöpfer aus einer Rippe des dafür in Tiefschlaf versenkten Adam. Die Entnahmestelle schloss er mit Fleisch. Der Rest der Paradieserzählung und auch der weitere genealogische Verlauf der Menschheit soll uns hier nicht weiter interessieren, es geht schließlich um die eine Frage: Hatten Adam und Eva Nabel? Rabbiner, Tanach-Exgeten, Bibel-Hermeneutiker und Künstler haben darauf unterschiedlich geantwortet.
Zwei Lehrmeinungen imponieren, die eine sieht in Adam und Eva zwei anatomisch korrekte Menschen, die einen Nabel haben, auch wenn sie Kunstprodukte eines spirituellen Erstwesens sind. Aus der Überlegung, Gott habe Adam nach seinem Ebenbilde geschaffen, erwächst die Folgerung, dass auch Gott einen Nabel gehabt haben müsse. Dieses Abstellgleis der Nabelforschung verlassen wir sogleich, um uns der anderen Lehrmeinung in der Belly-Button-Forschung zuzuwenden. Diese spricht Adam einen Nabel ab, weil ein Nichtgeborener ohne genetische Mutter keine Nabelschnur gehabt haben könne, ergo auch keinen sichtbaren Hinweis auf die wulstigen Vernarbung des Nabelschnuransatzes. Auch Eva könne keinen Nabel besitzen, weil Rippenabkömmling. Allenfalls könne Adam eine Narbe von der göttlichen Rippenentnahme haben.
Dass Adam und Eva Symbolwesen einer naiven Schöpfungsgeschichte sind, wird von keiner der erwähnten Theorien erodiert. Die Mehrzahl der Maler stellt Adam und Eva anatomisch korrekt dar, nabellose Ureltern sind den frommen Darstellungenen der modernen Evangelikalen und Bibeltreuen vorbehalten.
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