Das Heilige Land in den Bergen hat einen exzellenten Ruf. Die innerösterreichische Beliebtheit Tirols ist spektakulär, sie steht in reziprokem Verhältnis zu jener Wiens. Die Bundeshauptstadt wird vom Rest der Republik mit Haß und Häme überhäuft, als blader Moloch gescholten, ihre Bewohner als proletoide Bazi verunglimpft. Die schneidigen Tiroler hingegen werden von allen geliebt. Sogar die Wiener lieben die Tiroler. Die Zweitwohnsitz-Gemeldeten und die Pandemie-Schilehrer sowieso. Wegen ihrer hohen Berge (höher als die der Salzburger), wegen ihrer schönen Sprache (schöner als die der Kärntner) und wegen ihrer Tradition (traditionsreicher als die der Steirer). Niederösterreicher und Oberösterreicher sind in Summe verzückt, Burgenländer liefern den Wein.
Das muss sich radikal ändern, sagten sich führende Adler des Landes, wir ertragen diese Zuneigung nicht, sie erdrückt uns und macht uns übermütig und reich, wir vermplempern das Geld auf den Golfplätzen am Kap der Guten Hoffnung. So geht es nicht weiter! Geliebtwerden macht blind (und blöd) raunten Liftkaiser und Schneekönige, Hotelmoguln und Pistenregenten. In tiefem Respekt vor dem Großen und Ganzen begannen sie den Mythos Tirol zu dekonstruieren. Ein erster Versuch, in der Halli-Galli-Metropole Ischgl situiert, brachte schöne Ergebnisse. Wir haben mehr zu bieten, befundeten die Zerstör-Experten, Corona kann viel, wie können mehr. Eine Offensive zur dauerhaften Entwürdigung des Landes lief an.
Ein stolzes Land schüttelt den Tourismus ab und setzt auf Entfremdung. Maßnahmen sind etwas für Amateure, Profis machen in Covidiotie.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 20. Februar 2021.