Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 06/2021 zum 10. Februar 2021
Liebe Frau Andrea,
seit einigen Monaten suche ich nach der Bedeutung des Wortes „Prülker“. Der Sprachwissenschaftler Kaspar von Stieler (1632-1707) hat es in seinem Artikel „Von der Zeitungs Lust und Nutz“ verwendet. Stieler hat auch ein Wörterbuch verfasst, dieses Wort aber fehlt darin.
Mit freundlichen Grüßen aus Graz,
Willi Pateter (begeisterter Leser Ihrer Antworten), per Email.
Lieber Willi,
das seltsame Wort Prülker finden wir tatsächlich in den Schriften des Erfurter Apothekersohns und Universalgelehrten Stieler. Der faustisch begabte Stieler hatte Medizin, Jura, Theologie und „Beredsamkeit“ studiert und baute neben seiner Berufsarbeit als Sekretär an mitteldeutschen Fürstenhöfen am Tempel der sprachtheoretischen Erkenntnis. In seinen Schriften tritt er unter dem Pseudonym auf, das er im sprachakademischen Forschungsorden ‚Fruchtbringende Gesellschaft‘ führt: Der Spate (der Späte, spät berufene).
Unser gesuchtes Wort lesen auch wir im 1695 erschienenen Werk „Zeitungs-Lust und Nutz (…)“. In der Vorrede an den verehrten Leser preist der Spate (vulgo Stieler) in aufklärerischer Absicht die Nachrichtenmedien seiner Zeit: “Die Zeitungen sind der Grund, die Anweisung und Richtschnur aller Klugheit, und, wer die Zeitungen nicht achtet, der bleibet immer und ewig ein elender Prülker und Stümper in der Wissenschaft der Welt und ihrem Spielwerk, indem wer heute klug ist, morgen nach der Sachen Lauf straks eine andere Klugheit annehmen, und sich selbst widerlegen, ja verdammen muß.“
Den „Prülker“ finden wir, hier darf ich sie überraschen, doch in seinem berühmten, 1691 erschienenen Wörterbuch „Der teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs“. Stieler schreibt es aber hier mit weichem B – in den Eintragungen ‚brülken‘, ‚Brülker‘, ‚brülkerisch‘, und ‚Brülkerey‘, nach Stieler nichts anderes als unser heute verwendetes brüllen. Der Form nach, dürfen wir ergänzen, eine Bildung sehr ähnlich jener, die aus böllen, bellen bölken (laut rufen, schreien) formte. Das Brülken, Prülken, Brüllen, hier wären wir wieder beim Zeitungsschreiberischen, ist übrigens ein naher Verwandter des Prahlens.
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