Farben der Saison

Es ist dauergrau geworden im Land. Die Impfstoffe liegen irgendwo herum, gut gekühlt, oder weniger gut, keiner weiß wo. Auf den Behandlungstischen der Hausärzte liegen sie jedenfalls nicht. In den Impfstraßen des Landes auch nicht, was vielleicht auch daran liegt, daß es im Land keine Impfstraßen gibt. Und warum gibt es keine? Weil es keinen Impfstoff gibt, und weil der, den es gibt, irgendwo liegt. Alles dreht sich im Kreis. Die Argumente, die Aussichten, die Prognosen, die Pläne. Der Tunnel, den wir zu durchqueren vermeinen, ist ein unterirdischer Kreisverkehr. Das Licht, das wir sehen, ist das vom Ende des Zuges, in dem wir alle sitzen. So klein ist der Kreistunnel, so lange der Zug. Wir fahren uns selber nach. Aber das Licht! Wir sehen es sehr deutlich! Das Licht sind wir selbst, am Ende des Zuges. Wir leuchten uns aus der Vergangenheit mit der Taschenlampe der Hoffnung entgegen. Die Bilder der Krise wurden alle in dystopischen Alpträumen gemalt. 

Im Sommer ist alles überstanden! Das hörten wir schon im Frühjahr letzten Jahres. Wie wir wissen, kam es anders. Wenn es eine Impfung gibt, ist alles überstanden! Auch das hörten wir. Und jetzt ist sie da, die Impfung, und keiner weiß, wo sie liegt. Jedenfalls nicht auf den Behandlungstischen der Hausärzte. Und auch in den Impftraßen des Landes nicht, weil wir, das regelt die normativen Kraft des Faktischen, keine Impftraßen haben. 

Vielleicht sollten wir umdenken. Uns an den ewigen Lockdown gewöhnen, daran glauben, dass es nie zu Ende geht mit dem Schlamassel. Lehrt uns doch die Erfahrung, dass wir uns gerne irren. Hoffentlich auch darin.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 6. Februar 2021.

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