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Die Bilder von der Stürmung des Kapitols waren schockierend und verstörend. Das Geschehen hatte bei aller Dramatik einen irrealen, bei aller Absurdität einen vertrauten Touch. Fahnenmeere kennen wir von den Ausschreitungsfeiern bierschwangerer Hooligans, die Mischung aus Eile und Weile von den Empörungs-Wandertagen der Generation Rucksack. Die Sprüche und Flüche von Dr. Google und den Besuchen der Youtube-Akademie. Spätestens bei den Szenen, in denen Radikal-Trumpisten die Heiligen Hallen der US-Demokratie entweihten, planlos durch die Wandelgänge taumelten, und auf der Suche nach Selfie-Gelegenheiten die Büros der Parlamentarier verwüsteten war klar: Diese Leute, diese Gesichter, diese Kostümierungen sind uns gut bekannt. Der irre Blick, das Wechselspiel von einfältigem Grinsen und züngelnder Wut. Wir kennen sie von den Umzügen, die auch in Österreichs Städten stattfinden. Wir kennen die Bärte und Zöpfe, die Kappen und Mützen von den Zornkundgebungen, auf denen sich Impfgegner mit UFO-Passagieren verbünden, Reichsbürger mit Jesusfreunden, Hippies mit Identitären und Esoteriker mit Glatzennazis.

Die Frage, die im Anschluß an Aufruhr in fremden Ländern stets gestellt wird, ist die Österreichische Frage. Sie lautet: Ja kann denn das bei uns auch passieren? Können Politiker die demokratischen Spielregeln außer Kraft setzen? Kann Propaganda die öffentliche Meinung drehen? Kann der Mob die Straße übernehmen? Die Antwort auf die österreichische Frage lautet: Alles schon dagewesen. Österreichische Zusatzantwort: Kein Grund zur Sorge.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 16. Jänner 2021.

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