Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 51/2020 am 16. Dezember 2020.
Liebe Frau Andrea,
bei der Berichterstattung im ORF über den Terrorangriff meldete sich einer der Männer, die sich so mutig um den verletzten Polizisten gekümmert hatten zu Wort, ein stattlicher, muskulöser Mann. Meine Schwester fand folgende Worte für ihn: „a urndlichs Restl“. Das Wort ging mir nicht aus dem Kopf. Was ist ein Restl und woher kommt diese Bezeichnung? Vom englischen „wrestler“? Vielleicht können Sie ja helfen.
Liebe Grüße,
Ingeborg Mayer, per Email
Liebe Ingeborg,
in einem ersten Verstehensversuch könnten wir uns damit begnügen, neben das Restl das Bröckerl zu stellen. Beide sind Antiphrasen zum Gemeinten, bezeichnen sie doch den ganzen starken Mann, nicht seinen kümmerlichen Rest. Die Sache liegt aber komplizierter. Mit großer Wahrscheinlichkeit kommt unser Restl von rassen, mittelhochdeutsch raʒʒen (in etwa „raschen“ ausgesprochen), in der Bedeutung lärmen, toben. Im Alemannischen bezeichnet rasteln aber auch ringen, kämpfen. Unter rasseln wiederum verstand man früher auch kriegerische Formen des Lärms.
Sprechern des Wienerischen fällt gewiss die Rass ein, ein Schimpfwort für Pack, Sippschaft, Gesindel, gebräuchlich in Ausdrücken wie öléndige Rass (elendige Rass) oder Packlrass (Backlrass ausgeprochen). Letztere ist die schlechte Gesellschaft, die Bande Bestechlicher, verharmlosend aber auch eine Gruppe schlimmer Kinder. Die Rass hat also ganz gegen jüngere Volksetymologien nichts mit „Rasse“ zu tun. Das Packl (Backl) kennen wir aus Verben wie „packeln“, paktieren, etwas Böses verabreden, beim Spiel zu mogeln und zu schwindeln, und aus dem Ausdruck „sich auf ein Packl zu haun“, also gemeinsame Sache zu machen. Das Packl steckt aber auch im Packl Hausdetschen (Eine Haushaltsdosis Ohrfeigen). Hier kommt es vom italienischen pacca, Schlag. Dass das Packl auch schlicht die Packung oder das Paket bezeichnet, soll uns an dieser Stelle nicht weiter irritieren.
Zurück zum Restl und zum Rasseln. Ähnlich der Packlrass gibt jenseits des Weißwurstäquators auch die Rasselbande. Früher wurde damit nicht nur die tobende Kinderschar bezeichnet, sondern auch handfestere Verbände lärmender Restln.
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