Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 50/2020 am 9. Dezember 2020.
Liebe Frau Andrea,
unsere Tochter hat im Sachunterricht gelernt, dass das Wappentier der Republik Österreich ein Seeadler ist. Im entsprechenden Bundesgesetz dafür ist aber nur von einem Adler die Rede. Welche Quelle kann uns bestätigen, dass der Adler des österreichischen Wappens tatsächlich ein Seeadler ist?
Liebe Grüße,
Christina Schmutzhard, Wien, per Email
Liebe Christina,
den österreichischen Wappenvogel in der uns seit 1945 bekannten Form hat der Heraldiker Carl Ernst Krahl gestaltet. Krahl hatte zuvor, 1934, auch den Doppeladler des Ständestaats entworfen. Er stand dabei auf heraldischen Familienschultern, denn den ursprünglichen Adler der Republik hatte 1919 sein Vater Ernst Krahl gezeichnet.
Im gültigen Bundes-Verfassungsgesetz wird Österreichs Wappen als freischwebender, einköpfiger, schwarzer, golden gewaffneter und rot bezungter Adler blasoniert, dessen Brust mit einem roten, von einem silbernen Querbalken durchzogenen Schild belegt sei. Der Adler trage auf seinem Haupt eine goldene Mauerkrone mit drei sichtbaren Zinnen. Die beiden Fänge umschließe eine gesprengte Eisenkette. Er trage im rechten Fang eine goldene Sichel mit einwärts gekehrter Schneide, im linken Fang einen goldenen Hammer.
Wie kommt es zur Deutung, dies sei ein Seeadler? Einen Hinweis dazu finden wir in der Beilage zum Gesetz, wo der „neue“ österreichische Adler keineswegs als „monarchisches Zeichen“ gesehen werde, den man nur auf das habsburgische, zuvor heilig-römische Wappen beziehen könne. Vielmehr sei der Adler schon zuvor Symbol der römischen Legionen gewesen und fungiere in der Moderne unter anderem im Wappen der Vereinigten Staaten von Amerika.
Der US-Bundesvogel ist tatsächlich ein Seeadler, allerdings dessen amerikanische Art, der Weißkopfseeadler, transatlantisch „bald eagle“ genannt. Den zweiten Hinweis liefern die Ornithologen. Sie erkennen in den ungefiederten Fängen des Bundesadlers ein Merkmal des heimischen Seeadlers. Der größere und weiter verbreitete Steinadler habe nämlich Beingefieder bis zu den Klauen.
Wappenkundler bleiben diesen Diskussionen fern. Für sie ist der heraldische Adler grundsätzlich artenlos und grafisch ins Symbolhafte entrückt.
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