Weiter mit Gogosch und Gschdis

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 49/2020 am 2. Dezember 2020.

Zutiefst hochverehrte Comandantina,
nicht nur im Wienerischen gibt es einige Bezeichnungen für das Verlassenwerden. Vor einigen Jahren habe ich einmal den „Weisel“ bekommen, den „Hau“, den „Weida“, die „Haund“ und den „Gogosch“. Bereits darüber hinweggekommen, ist mein Interesse an Erklärungen ungebremst.
Danke für Ihr Bemühen,
Andreas Namloser, per Email

Lieber Andreas,

das Wienerische kennt eine Vielzahl von Ausdrücken für den sozialen Vorgang der Trennung. Der Covid19-Absonderungsbescheid ist der jüngste von ihnen. Sehen wir uns die wienerischen Möglichkeiten, den Abgang in Worte zu fassen, genauer an.

Der Bschisdara, synonym mit dem Tritt in den Hintern, dem Laufpass, der Entlassung, dem Pensionierungsbescheid kommt vom Bschiss (dem Bescheiß), es gibt ihn auch in der Variante des Gschisdaras (des Gescheiß‘), wohl weil hier lautlich der Gschdis hereinspielte. Dieser kommt nur scheinbar vom Gestoße oder ähnlichen Entzweiungen, sondern vom Sküs, der höchste Karte beim Tarockspiel, die nicht gestochen werden kann. Wir sehen hier eine Verwienerung des französischen „l’excuse“, Entschuldigung! Eine andere Etymologie liegt im Gogosch vor, so wird im Ungarischen kakas, der Hahn ausgesprochen. Zu diesem widerum sagen die Wieneri Hauh (mit nasalem Zwielaut). Uneingeweihte hören da auch den Hau raus. Noch ist allerdings ungekärt, was der Hahn mit der Fortweisung zu tun hat. Wer den Hahn, respektive den Gogosch bekommt, muss jedenfalls gehen, wer ihn schon hat, bleibt abgewiesen.

Brutaler ist der Schdeckn (Stecken), er ist synonym mit dem Hinausgeprügeltwerden. Diesem schließt sich der Schlauch an, wienerisch der Aufdrahde. Hier begegnen wir einem heute vergessenem, früher weitverbreiteten Züchtigunsmittel, dem Ochsenziemer, wienerisch dem „Oksndseam“, eine Schlagwaffe, die aus dem gedörrten Ochsenpenis hergestellt wurde. Der „Dseam“ war etwa einen halben Meter lang, elastisch und schwer, und auf der ganzen Länge verdreht wie ein Seil, „aufrahd“ eben. Der „Aufdrahde“ galt als Synonym für das Geschlagenwerden mit der Rinderrute.

Der vergleichsweise harmlose Weida schließlich ist nichts anderes als die Ansage „Weiter!“. Bleibt der Weisel. Er ist das wienerisch-gaunersprachliche Derivat des juristischen Ausdrucks „Abweisung“. Küss die Haund!

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

Ein Gedanke zu „Weiter mit Gogosch und Gschdis“

  1. Liebe Commandantina,

    Ihr tarockischer Eifer in Ehren, aber dass der Sküs/Gstieß, wie in diesem Beitrag behauptet, nicht gestochen werden kann, ist einfach eine definitive Falschbehauptung!
    Siehe den Link anbei.
    https://www.wienerzeitung.at/themen_channel/spiele/tarock/tarock_cup/122703_Wenn-der-Pagat-ueber-Gstiess-und-Mond-triumphiert.html
    Im sogenannten Kaiserstich triumphiert das nominal geringste Trullstück, der Pagat (Einser) über Mond und Gstieß.
    Und glauben Sie mir, das kommt in der Realität so selten gar nicht vor, zumal (in unserer Spielart) bei zwei ausgespielten Trullstücken das dritte, so es sich noch in einer noch auszuspielenden Hand befindet, ausgespielt werden muss!
    Ein Horror für alle Staudenhucker! 🙂

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