Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 43/2020 am 21. Oktober 2020.
Liebe Frau Andrea,
und dann vielleicht noch eine weitere Frage, ebenfalls phonetisch geschrieben: Bakschierlich, in der Bedeutung „zart, zerbrechlich“, beziehungsweise so, wie meine Tante diesen Begriff angewendet hat: „aufpassen (auf das Baby), es ist ja noch so bakschierlich“. Gibt’s da eine Interpretation dafür? Ich freue mich auf Ihre Antwort,
mit freundlichen Grüßen
Reinhard Jirkovsky, Wien, per Email
Lieber Reinhard,
unser Begriff wird „bagschíali(ch)“ ausgesprochen und bedeutet, wie Sie und Ihre Tante fast richtig annehmen, bei kleinen Kindern „possierlich“, „niedlich“, „leicht beweglich“, „drollig“. Auch bei der optischen Fernbekundung von Mädchen und Frauen wurde das Wort gerne gezückt, um damit die Genderqualitäten „herzig“, „anmutig“ „schön anzusehen“ zu übermitteln.
Die Sprachforscher sind ob der Herkunft des Bakschierlichseins uneins. Die einen wollen es von patschen (das kindliche klatschen) ableiten, weshalb unser Wort in manchen österreichischen und bairische Dialekten „patschierlich“ lautet. Andere mobilisieren das Eigenschaftswort „beigeschirrig“, das von einem zusätzlich einegespannten, kleineren Zugtier im „Geschirr“ eines Wagens kommen soll. In poetischer Absicht wurde schließlich das „Bachschießelein“ erfunden, ein kleiner, possierlichen Fisch, der im Bach herumschieße wie ein Baby im Kinderwagen.
Zurück zu evidenzbasierter Spracherkundung und damit zum Steirischen, wo „bagschialich“ ganz anders verstanden wird, nämlich als „streitsüchtig“, „grob“, „unzugänglich“, weshalb von den Wortherkunftsdeutern auch eine andere Provenienz erogen wird, nämlich die aus einem mitteldochdeutschen *bâgesgirig, zusammengesetzt aus „bagen“ (laut schreien, streiten) und dem Vorläufer von „gierig“.
Vielleicht ist aber auch ein sehr ähnlich lautendes Wort an der Etymologie unseres bagschierlich beteiligt. Das Wienerische kennt Bágschis oder Bákschisch, ein von Indien bis an den Rennweg gebräuchliches Synonym für Bestechungsgeld, und die Beamtengabe zur Beschleunigung von Verwaltungsvorgängen. Das Wort kommt aus dem Persischen, wo es Baḫšiš ausgesprochen wird, und so viel wie Geschenk bedeutet.
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