Die Putz der Tiroler

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 37/2020 am 9. September 2020.

Liebe Frau Andrea,
meine Tiroler Verwandten sprechen bei jedem Besuch aus irgendwelchen Gründen auch über die Polizei, die Polizisten, die sie „die Butz“ nennen. Ist Ihnen da eine Erklärung geläufig?
Freu mich auf Ihre Antwort. Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Jirkovsky, Wien, per Email

Lieber Reinhard,

das Österreichische ist sehr produktiv in Hinblick auf Bezeichnungen für die Polizei. Die meisten dieser Ausdrücke haben den Schmelztiegel Wien passiert, von wo sie in die Provinz verteilt wurden.

Wir kennen Angehörige der Exekutive zumeist als Khiwara oder Kieberer. Das Wort ist verwandt mit Koberer, womit ab 1900 Polizeiagenten bezeichnet wurden, die Lokalvisitationen und Bordellkontrollen vornahmen. Der Koberer, Köberer (von den jiddischen Begriffen Kübbo, Kübbe, Kowo, Schlafkammer, Hurenhaus) wurde mit den rotwelschen Wörtern kewjus (Sicherheit) und kiewisch (Kiebitz, Beobachter) zu Kieberer verschmolzen.

Etwas einfacher ist die Etymologie der Polzistenbezeichnung „Hee“, sie bedeutet schlicht „Höhe“, Obrigkeit. Von der lange Zeit getragenen Uniformfarbe Grün leiten sich die Bezeichnungen Fichdlscheissa (Fichtenscheißer), Schbinodara (Spinaterer), Schbinodwochda (Spinatwächter) und Graudwochda, (Krautwächter) ab. Die Spottbezeichnung Mistelbacher kommt von einem in Mistelbach situierten Polizei-Erholungsheim.

In der Unterwelt zirkulieren die alten Spezialausrücke „Schmia“ (von jiddisch schmiro für Bewachung) und „Wetsch“ (romani wešekero ist der Jäger). Modernere Synonyme für Polizei sind Inschbekta (Inspektor) und Kottan (nach der Hauptfigur der gleichnamigen Polizeisatire-Fernsehserie).

Auch der im Tirolerischen und Teilen Kärntens geläufige Ausdruck „Butz“ für Schanti (Gendarm) kommt aus der Gaunersprache. Das Wort wurde lange vom mittelhochdeutschen butze (Poltergeist) hergeleitet und zum althochdeutschen bözen (schlagen) gestellt. Mit größerer Wahrscheinlichkeit kommt der Ausdruck aber vom rotwelschen Putz (Gendarm), und dieses von romani Puschiakro (Bettelvogt, Wächter) und pušt (Spieß), das im Jenischen, der Sprache der Vagabunden auch in den Seitenbedeutungen Vogelscheuche und Penis zirkulierte.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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