Im Versuch, Österreich zu verstehen, kommen wir an einer Kulturleistung nicht vorbei: Der Mischung. Der Vorgang selbst findet wenig Beachtung, in der Regel interessiert nur das Ergebnis. Das Zusammentun, das Vermengen, die Komposition ist vom dunklen Hauch des Geheimen umweht, das Ergebnis gilt als absolut. Unverhandelbar, unhinterfragbar, unergründbar, der Ewigkeit und ihren Handlangern „Tradition“ und „Üblichkeit“ überantwortet. Eine österreichische Mischung ist immer eine „richtige Mischung“, eine richtige Mischung aus fremder Produktion immer auch österreichfähig.
Im Gastronomischen hat die richtige Mischung jede Berechtigung. Was wäre der Weiße Spritzer ohne die Richtigkeit seiner Mischung, ohne die Österreichischkeit seiner Zusammensetzung? Was die Melange, was das Obi-Gspritzt, was der Sommerspritzer, der Radler, das Baucherl, das Rüscherl, oder das U-Boot (mit einer Mischung, die schluckweise vom Harmlosen ins Gefährliche gleitet)? In gewisser Weise ist jedes Gulasch, jede Erdäpfelsalatmarinade, jeder Palatschinkenteig eine österreichische Mischung, von der Großmutter auf die Nachfahren vererbt, als vielerzähltes Geheimnis bewahrt. Ist doch das Geheimnis der österreichischen Mischung das Ungeheime seiner Zusammensetzung. Nichts wird lieber, öfter, mit größerem Nachruck verbreitet, als die Bestandteile und das Teileverhältnis der richtige Mischung. Nur dann ist die Mischung österreichisch, wenn sie ununterbrochen thematisiert wird.
Im Politischen legt die amtierende Regierung mit ihrer urösterreichischen Mischung aus richtig und richtig, dem Besten aus beiden Welten, gerade bleibende Standards.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 4. Juli 2020.