An Salzburg ist so vieles märchenhaft. Die Stadt sieht aus wie eine Phantasie aus dem Prinzessinenkatalog. Kuppeln und Türme, Paläste und Gärten, ein mittelalterlich-barockes Häusermeer. Eine Spielzeugstadt in Groß, gekrönt von einer Ritterburg aus kühnen Träumen. Und dann ist dieses Zauberwerk aus Zuckerguß auch noch musikalisch gefesselt. Ans überirdische Talent des Wolfgang Amadeus Mozart. Als die Fremdenverkehrs-Attraktionen ausgeteilt wurden, hat Salzburg zugegriffen, wie keine andere Stadt in Österreich.
Aber Salzburg war keine österreichische Stadt. Das Land gleichen Namens war ein souveräner Staat. Die Habsburger sind erst spät in seinen Besitz gekommen, 1816, in nachnapoleonischer Epoche. Erst 1860 wurde Salzburg Kronland, im Range eines Herzogtums. Herzeigtum, ist man versucht zu ergänzen.
Die längste Zeit wurde Salzburg von aristokratischen Erzbischöfen regiert. Absolutistischen Monarchen ohne dynastische Mission. Ein Fürsterzbischof hatte (offiziell) keine Kinder, keine Gemahlin, war Kirchenmann und Regent zugleich, spiritueller und weltlicher Herrscher.
Was macht das mit Untertanen, wenn sie von Glanz und Glorie umgeben sind, jahrhundertelang von royalen Über-Pfarrer beherrscht wurden? Wie antwortet die Bürgerseele, das Bauernherz auf diese Pracht aus Kraft und Entrückung? Sie ruft nach professionellen Verstehern. Pracht aus Kraft und Entrückung gefragt? Da können nur wir gemeint sein, sagten sich die Theatermagnaten und rückten in Salzburg ein, um auf Bühnen weiterzumachen, was auf Schlachtfeldern und in Konklaves nicht mehr gefragt war. Das Welttheater.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 13. Juni 2020.