Österreich ist emotionell gespalten. In einen flachen Osten und einen bergigen Westen (Kärnten ist hier mitgemeint). Der flache Osten sehnt stets den Frühling herbei, vergessend, dass dieser nur der launische Sendbote des grausamen Sommers ist. Der bergige Westen sieht im Frühling einen Spielverderber, der dem Schnee den Garaus macht, die Skisaison beendet und die Pistengaudi ruiniert. Die Jahreszeiten sind ungleich verteilt übers Land.
Trotzdem werden viele Erzählungen über die österreichischen Zustände ins Metapherngewand der Saisonen gehüllt. Der Beginn einer neuen Sache wird gerne mit dem Frühling verglichen, der Sommer dient allen Vergleichen von Hochlaune und Wohlgefallen, in Herbst und Winter sehen wir Niedergang und Ende. Die eingangs beschriebene Zerrissenheit des Landes in Jahreszeitenregionen verschiedener Qualität verursacht auch Verwirrung in der Zuordnung der Gleichnisse.
Ibiza-Veteran Straches Neustart als Politiker ist wohl eher der Spätherbst seiner Karriere, denn ein zweiter Frühling. Bundespam Rendi-Wagners Frühjahrsrevolution findet im tiefsten Winter der Partei statt und wird spätestens am 1. Mai in ihren persönlichen Herbst münden. Mehr Glück mit dem Frühling haben die Grünen, zumindest was den Parteinamen betrifft, ebenso die Neos mit dem ihren und dem Kirschblütenpink ihrer Drucksachen. Gut gemacht.
Was aber will uns Titanic Türkis sagen? Der Kapitän ist jung wie der Lenz, der Kurs ist der vom letzten Herbst. Aber die Farbe selbst: Ist das noch das durchsichtige Blau des Heimathafens oder schon das grelle Mint gefährlicher Eisberge?
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 14. März 2020.